Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Korpuslinguistik und Morphologie

flora.saturnizans.1722.xml

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                <title>Flora saturnizans, Die Verwandſchafft Des Pflanzen mit dem MineralReich, Nach der Natural=Historie und Chymie aus vielen Anmerckungen und Proben Nebſt einem Anhang vom Kali geniculato germanorum oder Gegliederten Saltz=Kraut, Inſonderheit Von einer hieraus neu=erfundenen dem allerſchönſten Ultramarin gleichenden Blauen Farbe</title>
                <author>Henckel, Johann Friedrich</author>
            </titleStmt>
            <publicationStmt>
                <date>1722</date>
                <pubPlace>Leipzig</pubPlace>          
            </publicationStmt>
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                <bibl>Henckel, Johann Friedrich (1722), Flora saturnizans, Die Verwandſchafft Des Pflanzen mit dem MineralReich, Nach der Natural=Historie und Chymie aus vielen Anmerckungen und Proben Nebſt einem Anhang vom Kali geniculato germanorum oder Gegliederten Saltz=Kraut, Inſonderheit Von einer hieraus neu=erfundenen dem allerſchönſten Ultramarin gleichenden Blauen Farbe. Leipzig: Johann Criſtian Martini, pp. 647-671.</bibl>                    
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<text>

<body>
<div type="book">

<div type="appendix">

<div type="chapter">

<head n="2">
Cap. II.<lb />
Vom<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">KALI GENICULATO.</foreign><lb />
Nach <foreign rend="antiqua">Chymi</foreign>ſcher Unterſuchung.<lb />
</head>

<p>
Gleich wie ich jederzeit mehr Freude an natür=lichen<lb />
als an gekünſtelten Dingen oder<lb />
mehr an Cörpern <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ut mixtis, vivis &amp; phy-ſicis</foreign><lb />
als an ſolchen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ut arte ſtructis &amp; formatis</foreign> em=pfinde,<lb />

<pb n="647" />

wenn gleich jene als eine armſelige Bauer=Hütte<lb />
gegen einen Fürſtl. Pallaſt ausſehen: Alſo<lb />
kan ich nicht ausdrücken, mit was vor Vergnügen<lb />
ich dieſes <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Kali-</foreign>Krauts in ſeinem Leben und Erdreich<lb />
zum erſtenmahl anſichtig worden bin. Weil ich<lb />
mir nun ohnedem ſchon einmahl vorgenommen hat=te,<lb />
in der Unterſuchung eines natürlichen Cörpers<lb />
einen mir höchſt angenehmen und nicht unnützlichen<lb />
Zeitvertreib vorzunehmen, ſo erwehlte ich dieſes<lb />
um ſo viel deſto lieber, weil ich dabey Gelegenheit<lb />
zu finden vermeinte, auch fand, von etwas Erkun=digung<lb />
einzuziehen auch meinem Nächſten mit<lb />
Nachrichten zu dienen, dergleichen noch von keinem<lb />
Vorgänger geſchehen iſt, auch was denen Fingern<lb />
nicht kan geſauget werden. Ich will alſo meine<lb />
Arbeiten, ſo ich darmit angeſtellet und ausgefüh=ret<lb />
habe, umſtändlich und wie ſichs gehöret in einen<lb />
ſummariſchen Begriff bringen, damit derjenige, ſo<lb />
weiter hierinnen etwas verſuchen möchte, wiſſen<lb />
möge was ich gethan und wo ich geblieben bin, ſo<lb />
fort, was zu Darſtellung einer vollkommenen Hi=ſtorie<lb />
von dieſem Kraut, noch weiter damit vorzu=nehmen<lb />
übrig ſey.<lb />
</p>

<p>
Erſtlich habe ich dieſes Kraut, wie ich mit ſol=ches<lb />
von Teuditz bey Lüzzen theils ſelbſt geholet,<lb />
theils habe zubringen laſſen, auf die Probe geſetzt,<lb />
wie viel es Waſſer und wie viel es Erde in ſich hal=te,<lb />
und mit aller Behutſamkeit alſo damit verfah=ren.<lb />
Nemlich ich habe ein Pfund deſſelben, ſo<lb />
gantz friſch und ſchön, zum reineſten und von allen<lb />
fremden Dingen wohl geleſen war, mit einer<lb />

<pb n="648" />

Scheere gröblich zerſchnitten, in einen Glaſ_Kolben<lb />
pur und allein gethan; ſetzete dabey einen Helm<lb />
drauff, und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te es aus dem Balneo, damit<lb />
ich ſein übergehendes Waſſer fangen und betrach=ten<lb />
könnte, und da es 4. Tage und Nächte darin=nen<lb />
gegangen hatte, ſo fand ich 6 bis 7 Unzen<lb />
Waſſer in der Vor_Lage, ſo fast von keinem Ge=ruch<lb />
war, welchen doch manchmal auch ſolche<lb />
Kräuter, die keinen Geruch haben, z. E. <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Plantago<lb />
major</foreign> auf das allerlieblichſte zu geben pflegen. Im<lb />
Kolben war freylich noch alles naß und ſchmierig,<lb />
doch dabey ohne Geſtanck, wie man wohl bey ſo<lb />
gelinder Wärme als ich gab, da in vier Tagen ein<lb />
Kraut, zumahl ein ſo ſafftiges, leicht in Gährung<lb />
gerathen kann, hätte vermuthen ſollen; Ich nahm<lb />
dahero alles zusammen fleißig heraus, trocknete es<lb />
behutſam, und da hatte ich juſt 6 Loth und ein<lb />
halb Quentgen ſo dürres Kraut, daß ſichs leicht=lich<lb />
wie Staub mit den Händen zerreiben ließ;<lb />
Ich häuffte es zuſammen auf eine reine thönerne<lb />
Blatte, und wolte es als einen Mäuler zu Aſche<lb />
brennen, und zwar an einem Ort, da mir die Lufft<lb />
nichts zerſtäuben konte, allein es wolte nicht fort<lb />
brennen, da doch ein sonſt dermaſſen gedürretes<lb />
Kraut wie ein Zunder iſt, ſondern lösſchete ſo viel=mahl<lb />
bald wieder aus, ſo vielmahl ich es mit einem<lb />
Spängen angezündet hatte, und dieſes vemuth=lich<lb />
wegen des darinnen enthaltenen vielen Küchen=Saltzes,<lb />
welches nicht allein an ſich ſelbſt wenig<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phlogiſton</foreign> hat, ſondern auch mit seiner minerali=ſchen<lb />
Erde dem Pflanzen_<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phlogiſto</foreign> in
ſeiner An=zündlichkeit<lb />

<pb n="649" />

im Wege ſeyn mag. Dahero that<lb />
es in einen Schmelz_Tiegel und ſuchte es mit Koh=len<lb />
zu durchglüen, ohngeachtet ichs nun an Feuer<lb />
nicht fehlen lieſſe, und mich lange damit rumge=ſudelt<lb />
hatte, ſo konte ichs doch zu keiner rechten A=ſche<lb />
bringen; muſte es alſo endlich in Töpffer=Ofen<lb />
ſchicken, und da erhielt ich eine weißliche<lb />
braun röthliche bröckliche Maſſe, 2 ½ Quentgen,<lb />
welche mir im Angriff wie eine Potaſche, am Ge=schmack<lb />
aber wie ein Koch_Saltz vorkam, und um<lb />
mich in dem Geschmack nicht zu betrügen, ſo goß<lb />
ich auf dieſes Saltz, ein gemeines Scheide_Waſ=ſer,<lb />
welches denn zwar ein klein Gemerckgen mit<lb />
demſelben, aber nicht eine halbe Minute <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">efferve-ſcir</foreign>te<lb />
und ziſchte, auch daſſelbe ſo unverändert ließ,<lb />
daß ich nach wie vor nicht als Koch_Saltz an<lb />
demſelben ſchmecken konte. Hieraus ſehen<lb />
wir unter andern, daß ein Pfund friſches Kraut noch<lb />
nicht den dritten Theil dürres gebe, ſo gar viel in<lb />
ihm ſeyende Feuchtigkeit iſt daraus zu ſchlieſſen.<lb />
</p>

<p>
Zum 2) habe ich um ſein inwendiges nach ſei=nem<lb />
Erd_Theil inſonderheit dem ſalzigen zu erken=nen<lb />
 ein viertels Pfund wohl getrockneten gereinig=ten<lb />
Krauts mit Brunnen_Waſſer in einem Glaſe<lb />
wohl ausgekocht ausgelaugt, und ſo lange wieder<lb />
Waſſer zugegoſſen, biß das Kraut gar nicht mehr<lb />
ſchmecke, endlich dieſes ausgedruckt und dieſe Brühe<lb />
alle zuſammen mit ziemlichen Feuer und jähling<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evaporir</foreign>en laſſen. Da es nun aus dem gröbſten<lb />
eingekocht war, ſo habe ich es auf dem Stuben=Ofen<lb />

<pb n="650" />

zu gelinder Verrauchung vollends hingeſetzt<lb />
und nach 2 bis 3 Wochen darinnen ein braun vier=eckig<lb />
Saltz gefunden, ſo das wug 1. Loth 1 ½ Quent=gen:<lb />
Das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">reſiduum</foreign>, ſo nun faſt Honig_Dicke<lb />
worden war, wölte weiter zur <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Criſtalliſir</foreign>ung verrau=chen<lb />
laſſen, aber ohngeachtet es doch noch nach Koch=Saltz<lb />
ſchmeckte, ſo wolte ſich doch wegen der Honig=Dicke<lb />
nicht weiter auſsondern, oder ſich doch nicht<lb />
reinigen. Nun that ich, weiß ſelbst nicht mehr<lb />
warum, alles zuſammen, nachdem ich alles ſchmieri=ge<lb />
Weſen gelinde getrucknet hatte, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">pulveriſi</foreign>rt in<lb />
eine gläſerne Retorte, goß etwan ein Loth Brun=nen_Waſſer<lb />
darzu und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">disſtillir</foreign>te es per gradus;<lb />
nachdem etwas <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">phlegma</foreign> übergangen war, ſo äuſ=ſerte<lb />
ſich nicht allein ein vollkommener Geruch von<lb />
einem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sale volatili</foreign> ſondern es legte ſich auch etwas<lb />
weiſſes <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Florum</foreign>_artiges, wie wohl ſo weniges im<lb />
Halſe an, daß ich damit nichts versuchen konte;<lb />
Endlich fieng bey Erhöhung der Hitze die Maſſe<lb />
am Boden an zu knaſtern und zu praſſeln, daß<lb />
gantze Stücken in die Vorlage ſprangen, muſte<lb />
dahero mit dieſer Arbeit aufhören und alles wieder<lb />
herausnehmen. Hingegen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ſolvir</foreign>te ich alles zu=ſammen<lb />
mit 4. biß 5. Unzen Brunnen_Waſſer,<lb />
die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Solution filtrir</foreign>te ich, das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtri</foreign>rte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtilir</foreign>te ich<lb />
wieder, da gieng denn wohl ein brandig Waſſer, a=ber<lb />
ferner kein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal volatile</foreign> über, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">crepitirte</foreign> auch nicht,<lb />
wie vormahls, durchglüete es dahero nach und nach<lb />
wie im Glaſe dergeſtalt, daß es in einen Kuchen zuſam=men<lb />
floß; Dieſer Kuchen ſo gantz weiß auſſahe,<lb />

<pb n="651" />

<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">traktir</foreign>te ich abermals mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ſolvir</foreign>en, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrir</foreign>en, und<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evaporir</foreign>en, ſo kriegte denn ein ſchlohweiſſes criſtal=liniſches<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">cubi</foreign>sches Saltz, in allen als ein lauteres<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal gemmæ</foreign>, und zwar 1. Loth, 1. Quentgen und<lb />
40.  Gran, mochte wohl noch ein Quentgen ohn=gefehr<lb />
austragen, ſo ſich in der Arbeit ver=ſchmieret<lb />
hatte und etwan noch im reſiduo un=ſcheidbar<lb />
geblieben war. Wenn ich nun vorhin aus<lb />
6 Loth und ein halb Quentgen dürren Krauts nicht<lb />
mehr als 1 ½ Quentgen Saltz, hier aber aus 8 L.<lb />
dergleichen 1. Loth, 1. Quentgen und 40. Gr. und<lb />
alſo hier mehr als noch 2 mahl ſo viel Saltz er=halten<lb />
habe, ſo muß eine von dieſen vier Ursachen<lb />
darhinter ſeyn. Entweder es iſt im Töpffer_Ofen<lb />
etwas verſchüttet worden, oder das Saltz hat ſich<lb />
ſo vielen theils in dem freylich ſtarcken lange an=haltende<lb />
Feuer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">volatiliſi</foreign>ret; aber die Vorarbeit,<lb />
da jenes 4. Tage und Nacht bey der abgeſehenen<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Diſtillation</foreign> doch zufälliger Weiſe gleichſam ge=kocht<lb />
worden iſt, hat dieſen Unterschied des Ge=halts<lb />
verurſachet, welches ich zwar am allerwe=nigſten<lb />
glauben kan. Oder es ſind einige Stau=den<lb />
des <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Kali</foreign> fleckweiſe vor andern ſalziger, wie denn<lb />
ein Flecken vor andern mehr ſalzig ſeyn kan. Hier<lb />
will ich den Leser auf ein Exempel weiſen, was es<lb />
vor Mühe und Wiederholung koſte, wenn man<lb />
in natürlichen Dingen hinter nur eine kleine War=heit<lb />
komen will; Denn um die rechte von dieſen vier<lb />
Urſachen aus zu finden, ſolte ich dieſe Arbeiten mit<lb />
ihren Gegen_Proben nochmals vorgenommen ha=ben<lb />

<pb n="652" />

ben, aber zu geſchweigen, daß ich das Kraut nicht,<lb />
wenn und wie ich will haben kan, ſo muß um ande=rer<lb />
Geschaffte willen manches unberrichtet unter=bleiben.<lb />
Es sey indeſſen wie ihm wolle, wie<lb />
denn jede dieſer vermutheten Urſachen dar=hinter<lb />
stecken kan, ſo lernet man doch aus derglei=chen<lb />
Exempeln, was zu rechten <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">experimenti</foreign>ren ge=höret,<lb />
nehmlich mehr als eine Sand_Capelle und<lb />
ein Schmeltz_Tiegel gehöret, und, daß, wo man<lb />
ſich nicht auf anderer Leute Ungewiſſes Verfahren<lb />
verlaſſen will, man in seinem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Laboratorio</foreign> Gele=genheit<lb />
haben müſſe, ſeinen vorhabenden Cörper<lb />
durch die gröſte und längſte Feuer_<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Tortur</foreign> endlich<lb />
ſelbſt zu jagen.<lb />
</p>

<p>
3.) Habe wieder einen Versuch mit 1. Pfund<lb />
wohl geleſenen und getrockneten Krauts und dritte=halb<lb />
Kannen Waſſer in einem Radeburger Ge=fäße<lb />
vorgenommen und zur <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Extraction</foreign> und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evapo-ration</foreign><lb />
gebracht, worbey ich denn dieſes ſonderlich<lb />
anmerckte/ daß nachdem der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Extract</foreign> biß zur Helff=te<lb />
verrauchet war, er einen ſo natürlichen Geruch<lb />
von ſich gab, als ein Bienen_Raß thut, wenn er<lb />
ſeinen Honig laſſen ſoll und zu Wachs geſchmol=zen<lb />
wird. Uber das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Residuum</foreign> goß ich abermahls<lb />
Waſſer, um weiter zu <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">extrahi</foreign> ren, da es denn wie<lb />
ein Blau_Kohl, wenn er gekocht wird, alſo roch,<lb />
daß man es vor ein ſolches Gerichte hätte halten<lb />
ſollen. Ich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">extrahir</foreign>te es noch einmahl, goß die<lb />
andere und letzte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">extraction</foreign> zuſammen, ließ es zur<lb />
Helffte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evapori</foreign> ren. und aus Vergeſſenheit und<lb />

<pb n="653" />

Verhinderung von anderen Verrichtungen in einer<lb />
Waldenburgiſchen Büchleim Fenſter in der Sonne<lb />
nur 14. Tage, nur mit einem Papier verdeckt ſtehen<lb />
und da ichs wieder zur Hand nahm, ſo gab es nicht<lb />
allein einen entſetzlichen faulen Geſtanck von ſich, der<lb />
glichen ich von einem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Vegetabili</foreign> mein Tage nicht<lb />
empfunden/alſo daß er faſt einer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">animali</foreign>ſchen Fäu=lung<lb />
und denen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Excrement</foreign>en gleichete, ſondern der<lb />
Safft war auch ſo voll lebendiger Maden, ſo abſon=derlich<lb />
am Boden des Gefäſſes meiſtens als Hafer=Grüzze<lb />
und theils noch einmahl ſo groß häufig bey=ſam̄en<lb />
lagen, daß ich mich nicht wenig darüber ver=wunderte;<lb />
ich ſuchte es alſo durch das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Filtrum</foreign><lb />
von dieſem Ungeziefer zu reinigen, und nachdem es<lb />
wegen ſeiner Dicke nicht eher als in 2. Tagen<lb />
durchgeſeigert war, ſo fand ich auf der untern Se=ite<lb />
des Löſch_Papirs wider unzehlige kleine leben=dige<lb />
Maden, als die groſſen Läuſe lang, welche<lb />
ſich vermuthlich von neuem mochten <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">generi</foreign>ret ha=ben<lb />
weil ich ferner in dem durchgeſeigten derglei=chen<lb />
nicht anſichtig werden konte. Das ausge=laugte<lb />
Kraut, ſo gar keinen Geschmack mehr hat=te,<lb />
brante ich im Schmeltz_Tiegel zu Aſche, ſo war<lb />
1. Loth ½ Qv. dieſe laugte wieder aus, das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Lixivi-um</foreign><lb />
wurde 2/3 Qv. Saltz, das Saltz <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">efferveſcir</foreign>te<lb />
mit denen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acidis</foreign> und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ſolvi</foreign>rte ſich in Scheide=Waſſer<lb />
gänzlich auf. Ich goß endlich die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Extra-cta</foreign><lb />
zuſammen, und ließ es auf das gelindeſte binnen<lb />
14. Tagen auf den Stuben_Ofen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evapori</foreign>ren, ſo<lb />
kriegte ich 3. Loth und ein halb Quentgen Saltz,<lb />

<pb n="654" />

welches harte durſchichtig und viereckig, kurtz als<lb />
ein gemeines Koch_Saltz ſich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">präſenti</foreign>rete;<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">lunam cornuam</foreign> machte, im Feuer praſſelte und mit<lb />
bolo einen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritum ſalis</foreign> gab, der ſich<lb />
wie ein gemeiner verhielt, auch ſich nicht <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">dolci-fici</foreign>ren<lb />
 ließ; das übrige nun wolte, weil es endlich<lb />
wie ein Honigdicke wurde, weiter nicht anſchieſſen,<lb />
und ob ſich gleich nach etlichen Wochen wider et=was<lb />
gesetzet hatte, ſo war doch alles ſo ſchmierig<lb />
und unrein unter einander, daß mit fernerer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Cri-ſtalliſation</foreign><lb />
nicht wohl fortzukommen war. Da=hero<lb />
ließ das geſammte Reſiduum biß zur trocke=ne<lb />
gantz gemächlich abrauchen, da denn, wie leicht<lb />
zu vermuthen, ein brandiger Geruch aufſtieg, und<lb /> 
es wurde endlich ein ſchwartz_braun Pulver an 4.<lb />
Loth richtig gewogen. Dieſe 4. Loth that ich in<lb />
eine steinerne <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Retorte</foreign>, und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te es im offenen<lb />
Feuer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">per gradus</foreign>, da erhub ſich denn alſobald ein<lb />
ziemlicher Rauch und braunes Oel mit unter,<lb />
und welches das merckwürdigſte war, ein förmliches<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Salvolatile</foreign>, welches aber wenig und alles zusam=men,<lb />
was an Oel und Saltz übergegangen, nicht<lb />
mehr als 2. Quentgen betrug. Das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Reſiduum</foreign><lb />
war ein schwartzer blätteriger Kuchen und roch voll=kommen<lb />
wie ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">hepar ſulphuris</foreign>, gab auch die=se<lb />
Natur durch ſeine grünligte Farbe zu verſtehen,<lb />
welche ſich in einer Nacht an den Seiten des Ge=fäſſes<lb />
angeleget, worinnen ich die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Extraction</foreign> deſ=ſelben,<lb />
ſo mit Brunnen_Wasser geſchehen war, hat=te<lb />
ſtehen gehabt. Um des <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Salis volatilis</foreign> recht<lb />

<pb n="655" />

gewiß zu ſeyn, ſo tröpfelte ich nur etliche Tropfen<lb />
eines <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">rectificirt</foreign>en Vitriol_Oels in die Vorlage,<lb />
worinnen nach geſchehener Ausgieſſung noch etwas<lb />
Saltz und Oel verſchmieret und hängen blieben<lb />
war, und fand gleich eine ſtarcke Efferveſcenz und<lb />
Auffsteigung eines ſolchen Nebels, der den gantzen<lb />
ziemlich groſſen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">recipient</foreign>en erfüllete, und welches<lb />
nie geſehen, eine gute Viertel_Stunde anhielt,<lb />
ehe er ſich wieder verlieren wolte. Ja ich habe dieſes<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal vol.</foreign> nachgehends wieder auf die Probe geſetzet,<lb />
und mit dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acido vitriol</foreign>. hefftig brauſend be=funden.<lb />
Gedachtes <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Residuum</foreign>, ſo in der Lufft auch<lb />
etwas ſchmierig wurde, laugte ich wie geſagt, mit<lb />
Brunnen_Waſſer aus, die Lauge inſpiſſirte un er=hielt<lb />
mit leichter Mühe eine oben weiſſe, untenher<lb />
etwas fahle ſaltzige Erde oder erdhafftes Saltz/<lb />
wug 6tehalb Quentgen, ſchmackte nach nichts als<lb />
nach Küchen_Saltz, und blieb in der Lufft<lb />
trocken und unbefeuchtet.<lb />
</p>

<p>
Da ich nun dieſes aus dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Residuo ſucco Kali</foreign><lb />
auſgebrannte Saltz mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritibus acidis examini-</foreign>ren<lb />
wolte, ſiehe da, ſo eräugnete ſich die wunderba=re<lb />
ſchöne blaue Farbe, zu deren Beſchreibung ich im<lb />
Tittel_Blat Vertröſtung gegeben, ich auch nichts<lb />
verhalten will, ob ichs gleich thun könte, weil bey er=langten<lb />
nähern Wege und Handgriffen ein nicht ge=ringer<lb />
Gewinn dabey zu machen wäre, gleich wie die<lb />
Herren Fabriquanten in Berlin von ihrer Welt=bekannten<lb />
Farbe ziehen, und weil man nicht ſagen<lb />
kan, daß ein Mensch in der Welt von der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Reſolu-tion</foreign><lb />

<pb n="656" />

geweſen ſey, dieſelbe oder dergleichen in Schriff=ten<lb />
zu offenbahren. Ich bin indes mit dem Ver=gnügen<lb />
zufrieden, daß mir GOtt das Glück gön=net,<lb />
bey meinen mannigfaltigen müheſamen Ar=beiten<lb />
manchmal eine Warheit zu ſehen und zu greiffen,<lb />
dabey ich etwas entdecken kan, wel=ches<lb />
rechtſchaffenen Gemüthern Luſt erwecken ſoll,<lb />
die preißwürdige <foreign rend="antiqua">Chymie</foreign> hoch zu achten, und als<lb />
eine Sache anzuſehen, welche denenjenigen, ſo aus<lb />
Liebe zur Warheit und alſo mit ruhigem geduldigem<lb />
Gemüth, aber nicht aus Geld_Begierde und alſo<lb />
mit Unbeſtand und Verwirrung darmit ihr Ge=schäffte<lb />
treiben, ihre Mühe und Schweiß niemahls<lb />
unbelohnet läſſet. Die Unterſuchung der War=heit<lb />
iſt dasjenige allein, ſo man ſich hier zum Zweck<lb />
ſeiner Arbeiten vorſtellen ſoll, und dieſe ſtehet auch<lb />
ziemlich in unſern Händen, dabey giebt denn GOtt<lb />
gleichſam im Schlaff und zufälliger weiſe, etwas,<lb />
was in unſern Geſuch und Gewalt gar nicht ſtehet,<lb />
damit wir unſer Unvermögen erkennen und GOtt<lb />
allein die Ehre laſſen ſollen, wie ich inſonderheit<lb />
aus der anderweit gedachten und zu nichts weni=ger<lb />
als zur Silber_Machung abgeſehenen Bley=Arbeit<lb />
handgreiflich erfahren habe. Will derje=nige,<lb />
der das Glück noch eher als ich haben möch=te,<lb />
die Fertigung gedachter blauen Farbe, welche<lb />
das ſchönste <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Ultramarin</foreign> beſchämet mit wenigern<lb />
Kosten, und alſo zu nutzbarer Verhandlung aus=fündig<lb />
zu machen, mir ſeine Aufrichtigkeit wieder<lb />
ſehen laſſen, ſo will ich ihm groſſen Danck ſagen<lb />

<pb n="657" />

und daher Gelegenheit nehmen, demſelben auch<lb />
mit meiner anderweitigen wenigen Erfahrung gern,<lb />
an die Hand zu gehen. Nehmlich zur Sache<lb />
ſelbſt zu kommen, ſo nahm ich 3. Zucker_Gläſergen,<lb />
(wie ich denn bey <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Præcipitationibus</foreign> inſonderheit<lb />
den Gebrauch habe, etliche Proben gleich neben<lb />
einander zu machen und auf die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Differenz</foreign> ihrer<lb />
Bezeugungen gegen einander deſto beſſer Achtung<lb />
zu geben,) that in jedes von letztbeſagtem Saltz,<lb />
und tröpfelte zu dem erſten <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">oleum vitrioli rectifi-catum</foreign>,<lb />
zum andern <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritum salis rectificatum</foreign>, zum<lb />
dritten gemeines Scheide_Waſſer; das erſte brau=sete<lb />
zuſammen und ließ alſo ſein mit untergemiſch=tes<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">alkali</foreign>ſches Saltz ſpühren, wurde alsbald röth=lich,<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ſolvir</foreign>te sich nach und nach alles, das Löſch=Papir,<lb />
ſo ich gleich drauf deckte, färbte ſich auch<lb />
röthlich (von den unter, dem Brauſen zerſtäubten<lb />
Theilgen) ließ es die Nacht ſtehen, und dar ich wieder<lb />
darzu kam, ſo fand ich am Boden des Glaſes ein<lb />
blaues Pulver, und ich hatte mein blaues Wunder<lb />
daran, ich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrir</foreign>te es, süßte es wohl aus, und es be=hielt<lb />
seine Schönheit, ich lieff geschwinde zum<lb />
Mahler, um es zu verſuchen, ſo fand er es alſo voll=kommen<lb />
ſchön, daß er vermeinte, und man es auch<lb />
wohl ſahe, zwſchen demſelben und dem Berlini=ſchen<lb />
keinen Unterſcheid zu finden; die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrirte ſolu-tion</foreign><lb />
ließ zur <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">criſtalliſation</foreign> abrauchen, ſo kriegte ich<lb />
ein hartes Saltz, ſo wie Sal com. ſchmeckte, (obgleich<lb />
etwas <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">vitrioli</foreign>rtes <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">alcali</foreign> mit drunter ſtack, auch auf<lb />
der Kohle als ein ſolches ſprang und praſſelte. Die<lb />

<pb n="658" />

andere und dritte Probe verhielten ſich faſt eben al=ſo,<lb />
auſſer daß bey der dritten das aufgedeckte Löſch=Papir<lb />
nicht roth angeflecket, und bey der andern der<lb />
Farbe am allerwenigſten war; ſonſten war die<lb />
Farbe einerley und die dabey erhaltenen Salien<lb />
verhielten ſich auch auf der Kohle alle mit einander,<lb />
wie ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal com.</foreign> zu thun pfleget. Ich dachte, ich<lb />
hätte mich geirret, wie ich denn hierinnen lieber zu<lb />
furchtſam, als zu ſicher bin, ohngeachtet ich auf alle<lb />
Kleinigkeiten Achtung gebe, auch dieſes ſchon vor<lb />
eine zweymahl wiederhohlte, obgleich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">ratione</foreign> des<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">acidi</foreign> etwas <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">differi</foreign>rende Probe paßiren konte;<lb />
machte dahero alles noch zum andern und drit=ten<lb />
mahl, und kam endlich auf den unfehlba=ren<lb />
Schluß, daß aus dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">acido</foreign>, inſonderheit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">vi-trioli,</foreign><lb />
und aus einer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">terra herbæ ſalſæ ſ. ſale com-muni<lb />
imprægnatæ</foreign>, eine blaue Farbe werden kan und<lb />
muß. Ich rede nicht von aller ihrer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">terra</foreign> ſon=dern<lb />
von einiger deſſelben Krauts, denn, wie man<lb />
ſich erinnnern wird, ſo war das meſite darinnen<lb />
ſteckende Koch_Saltz durch die erſte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evaporation</foreign><lb />
ſchon davon genommen, und obgleich das überge=bliebene,<lb />
ſo zu Bereitung dieſes blauen Pulvers<lb />
kam, noch meiſtens kochsaltzig war, ſo war es<lb />
doch noch mit was andern nehmlich einem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">alcali</foreign><lb />
und einer terra inſipida verbunden; wie weit nun<lb />
dieſes oder jenes zur <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Conſtitution</foreign> besagter Far=be<lb />
gehörig ſey, davon wollen wir unten noch<lb />
etwas überlegen, da ich von der Spanischen<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sode</foreign>, als woraus dieſe Arbeit eben ſo wohl<lb />

<pb n="659" />

von ſtatten gehet, hier zuletzt gedencken werde.<lb />
4) Habe ich dieſes Kraut auch auf dem Weg der<lb />
Gährung vorgenom̄en, ob es gleich mit der vorigen<lb />
Probe auch dahin gediehen war, und habe zu ſolchem<lb />
Ende 2. Pf. deſſelben rein geleſen gantz friſch abge=wogen,<lb />
mit der Scheere gröblich zerſchnitten, in eine<lb />
4kannige reine Waldenburger Flaſche gethan, 1½<lb />
Kanne Brunn_Waſſer zugegoſſen, mit Korck und<lb />
Blaſe verwahret in gantz gelide Wärme beym<lb />
Stuben_Ofen geſetzt; Nachdem es 5 Tage alſo<lb />
geſtanden hatte, ſo ſtanck es doch nicht ein Haar<lb />
anders als ein altes ſcharffes Sauer_Kraut, und<lb />
die Lacke war dicke, röthlich, faſt wie ein gähren=der<lb />
Moſt anzuſehen; Ich that es alſo bald alles in<lb />
einen Glaß_Kolben, und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillirt</foreign>e es gantz ſachte<lb />
über den Helm, in Meinung nicht allein ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal<lb />
volatile</foreign> ſondern auch ein mehrers, als beym an=dern<lb />
Verſuch und dieſes von ohngefähr, zu er=folgte,<lb />
zu erlangen; allein ich kriegte Anfangs<lb />
nichts als ein ſtinckendes faules Waſſer, und her=nach<lb />
doch kein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal volatile</foreign>. Ich nahm es wieder<lb />
heraus, ließ das flüßige ablauffen und that es al=leine;<lb />
das Kraut trocknete ich in einer Zinnernen<lb />
Schüſſel in gantz gelinder Wärme, da gab es denn<lb />
einen ſolchen widerwärtigen Geruch von ſich, nicht<lb />
anders als von Brandtewein getödtete Regen=Würmer,<lb />
welche etwan einen Tag über einander<lb />
gelegen haben und manſchig werden, und da es<lb />
gantz trocken worden war, ſo roch es pfulig, nach<lb />
Fiſchen, und Picklingen, wug 10. Loth, die Brüh<lb />

<pb n="660" />

<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">inſpisſir</foreign>te biß zur Honig_Dicke, war 4. Loth. Bey=des<lb />
zuſammen, und das erſte zwar klein geſchnit=ten,<lb />
that ich in eine Waldenburgiſche <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Retorte</foreign> ſpiel=te<lb />
das im Halß ſich angehangene mit etwas Brun=nen_Waſſer<lb />
hinunter und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te es aus dem<lb />
Sande gantz gelinde; da erhub ſich denn zu aller<lb />
erst der allerlieblichſte Geruch von einem wohl <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">re-ctificir</foreign>ten<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritu tartari</foreign>, daß ich mich darüber er=freuen<lb />
konte, und da es 12. Stunden ohnaufhör=lich<lb />
alſo gegangen war und es als ein Rauch zu ſtei=gen<lb />
anfieng, ſo nahm ich die Vorlage ab, und fand<lb />
2. Untzen eines Waſſers in der Vorlage, ſo den<lb />
vorigen Geruch noch etwas an ſich hatte: Nun<lb />
kamen die tropffen gantz ſäuerlich, und nach eini=gen<lb />
Stunden hatte ich wieder einen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Liquorem</foreign> von<lb />
3 Untzen ſo gantz gilblich und röthlich ausſahe;<lb />
Endlich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te es aus offenem Feuer, ſo gieng<lb />
es über als ein dicker Rauch, der auch ſo ſchwer<lb />
war, daß er gleich alle in der Vorlage zu Bo=den<lb />
fiel, und nicht anders als angebrannte Federn<lb />
oder dergleichen Theile von Thieren einen Geruch<lb />
von ſich gab; dieſer artige <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritus</foreign> wug zuſammen<lb />
3½ Loth, und da dieſes zu den vorigen drey Untzen<lb />
gegoſſen wurde, ſo hatte ich einen vollkommenen<lb />
alten Tobacks_Pfeiffen_Geruch, oder auch wie<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">oleum Tartari fœtidum</foreign> von ſich zu geben<lb />
pfleget.<lb />
</p>

<p>
Das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Caput mortuum</foreign> war ſchwartz oben her<lb />
und locker, unten weiß und als ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal com.</foreign> zuſam=men<lb />
gefloſſen, ſo auch den Geſchmack nach <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal com.</foreign><lb />

<pb n="661" />

hatte; der Geruch des <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Capitis mortui</foreign>, wie auch der<lb />
Geſchmack nach ſeinem obern Theile war nicht an=ders<lb />
als von einem wahren <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Hepate ſulpuris</foreign>, wug<lb />
6. Loth 3. Qu. Wolte man nachſinnen, woher<lb />
doch dieſes, da man dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">acido ſalis com.</foreign> nicht<lb />
zugeſtehen will, daß es in Machung eines <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Hepatis<lb />
ſulphuris</foreign> die Stelle eines <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acidi vitriolici</foreign> vertre=ten<lb />
könne, ſo will ich dieſes noch hinzuſetzen, daß<lb />
die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Retorte</foreign> einen Riß bekommen hatte, mich a=ber<lb />
unbekümmert laſſen, wie man dabey mit ſei=nem<lb />
Nachſinnen noch zurechte kommen will, wenn<lb />
das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acidum</foreign> des Koch_Saltzes hierbey ausgemu=ſtert<lb />
und unzulänglich bleiben ſoll. Da nun bey<lb />
dem allen kein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal volat.</foreign> zu ſehen und zu hören war,<lb />
ſo nahm ich noch dieſen Verſuch und zwar auf<lb />
eine gar müheſame Art vor, aber auch vergebens.<lb />
Ich that das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Caput mortuum</foreign>, an 6. Loth 3. Qu.<lb />
in einen neuen Kolben, goß ſowohl das Oel und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spi-ritum</foreign><lb />
als auch endlich das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phlegma</foreign> ſo von ihm<lb />
abgezogen hatte, drüber, und ſaßte einen Helm auf.<lb />
Kaum war das Oel und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritus</foreign> neingekrochen, ſo<lb />
ſtieg ein starcker Nebel auf, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">digerir</foreign>te es etliche<lb />
Tage, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te es gantzer 6 Tage und Nächte<lb />
aus dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Digerir-</foreign>Ofen, und da hatte ich nichts als<lb />
mein ſtinckendes Tobacks_Pfeiffen_Oel wieder.<lb />
Ich nahm mir die Mühe und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">cohobir</foreign>te es 7. mahl<lb />
und brachte damit bald 4. Wochen zu, ich erhielt<lb />
aber nichts anders, noch was beſſers, alſo muſte<lb />
mein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal volatile</foreign> ſchon in der erſten Vorarbeit<lb />
verſchwunden ſeyn, denn nach dem Verſuch <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">no. 2.</foreign><lb />

<pb n="662" />

hatte ichs doch förmlich und offenbahrlich gehabt,<lb />
und alſo gar in der Thür muß das flüchtige Saltz<lb />
im <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Kali-</foreign>Kraut ſtecken, daß man nicht nöthig haben<lb />
mag, den Schlüſſel der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Fermentation</foreign> darzu erſt=lich<lb />
hervor zu ſuchen, und daß derjenige, welcher es<lb />
mit leichter Mühe nicht erlanget, daſſelbe nim=mermehr<lb />
finden wird: wie wohl ich nicht läugnen<lb />
kan, daß ichs zu dieſer Abſicht nicht vor wohl ge=than<lb />
zu ſeyn vielmahls erachtet habe, daß ich das<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phlegma</foreign> bey der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Cohobation</foreign> nicht zurücke laſſen<lb />
wolte. Englich goß ich alles herab, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te noch=mahls<lb />
über, damit ich noch durch einige Scheidung<lb />
das fire Saltz daraus zu ſehen kriegen mögte,<lb />
durchwärmete es und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrir</foreign>te es; das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrir</foreign>te ließ<lb />
biß auf ein Drittheil abrauchen, biß ſich das Saltz<lb />
niederſchlug; das Saltz ſonderte von dem übrigen<lb />
Safft; dieſer roch nun nicht etwan nach einem<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">empyrevmate vegetabili</foreign> mehr, z. E. als ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Ole-um<lb />
tartari</foreign> wie zuvor, ſondern nach einem ſtincken=den<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">animali</foreign>ſchen Oel alſo daß ich zwiſchen dem=ſelben<lb />
und einem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">oleo cerebri</foreign> dem Geruch nach<lb />
nicht den geringſten Unterſcheid zu mercken wuſte;<lb />
ich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evaporir</foreign>te es ferner, und nahm abermahls et=was<lb />
Saltz heraus; das Saltz, ſo ſich wie ein<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">crepitiren</foreign>des Koch_Saltz auf der Kohle verhielt,<lb />
nahm ich zuſammen, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te es im Sande aus<lb />
einem gläſernen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Retort</foreign>gen, und erhielt in dem über=gehenden<lb />
Waſſer abermahls einen gantz unver=mutheten<lb />
neuen Geruch, nehmlich nach einer zer=laſſenen<lb />
warmen Butter; und wer weiß, wie vie=lerlen<lb />

<pb n="663" />

Geruchs_Arten und Geſtalten ich noch wür=de<lb />
haben zu bewundern gekriegt, wenn ich mit ar=beiten<lb />
fortgefahren hätte, denn ſo gar ein=fältig<lb />
iſt die Natur in ihren Miſchungen und<lb />
ſo vielfältig in ihren Geſtalten, und ſo gar ſehr liegt<lb />
es meiſtentheils nicht an denen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Materi</foreign>en, ſondern<lb />
bloß an fleißigen einfältigen Arbeits_Arten, nicht<lb />
allein an ſich ſelbſt, ſondern auch nach dem, daß<lb />
eine auf die andere folget, inſonderheit an <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Dige-ſtion</foreign>en,<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Cohobation</foreign>en, Scheidungen und Wie=derverſetzungen,<lb />
wenn man dieſes oder jenes zu er=halten<lb />
gedencket: Aber zuletzt wurde mir die Brü=he<lb />
verſchüttet, daß ich daher weder Gewicht noch<lb />
etwas weiter angeben kan, Zeit und Gelegenheit<lb />
verhinderten mich, ferner etwas von neuem hierin=nen<lb />
anzufangen, das Kraut war mir nicht gleich,<lb />
und iſt mir auch noch ſelten zu handen, und ich war<lb />
nun, abſonderlich um der blauen Farbe willen be=gierig,<lb />
die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sodam</foreign> als eine dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Kali</foreign> ſehr anver=wandte<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Materie</foreign> auch etwas zu unterſuchen, wie<lb />
folget.<lb />
</p>

<p>
An der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sode</foreign> hat der Leſer abermahls etwas, da=von<lb />
er die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phyſicos</foreign> und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Materiali</foreign>ſten um zuverläſ=ſige<lb />
Nachricht gantz vergeblich fragen wird: Und<lb />
wenn die Glaß_Künſtler derſelben nicht vor dieſen<lb />
ſich bedienet, und alſo bey Gelegenheit des Glaß=machens<lb />
davon etwas gedacht hätten, ſo wüſten<lb />
wie ſie kaum zu nennen, geſchweige denn nur etwas<lb />
zu beſchreiben. Nach vielem Nachfragen fand ich<lb />
endlich einen alten Reſt bey einem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Materiali-</foreign><lb />

<pb n="664" />

ſten, und nam davon ein Pfund zu einiger Unter=ſuchung<lb />
vor; Es beſthehet in ſchwartz_grauen,<lb />
hier und dar weißlich mit unterſchielenden auch<lb />
wohl mit kleinen Kühlgen vermengten trockenen ge=ballter<lb />
Fäuſte groß und dergleichen, im übrigen ſo<lb />
harten Stücken, daß es ziemliche Mühe koſtet, ſie zu<lb />
zerſetzen. Zwar war ſie ſo weit wohl feuchte zu nen=nen,<lb />
als faſt jede Erde zumahl eine geſaltzene, zu=mahl<lb />
eine, die, wer weiß, wie viel Jahre gleichſam<lb />
verlohren, auf einem Winckel in einem Gewölbe<lb />
gelegen hat, dahero ſie, nachdem ſie eine Zeitlang<lb />
auf dem Stuben_Ofen im trockenen geweſen, um<lb />
eine kleine Spur leichter, und an Farbe etwas<lb />
licht_grau geworden war: Aber doch war ſie nicht<lb />
ſchmierig anzugreiffen, gleich wie man von einer<lb />
ſolchen Saltz_Maſſe, welche vom Herkommen,<lb />
nemlich vom <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Kali-</foreign>Kraute, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">alcali</foreign>ſch heiſſen und<lb />
ſeyn ſolte. Ich nam 24. Loth und laugte es mit<lb />
Brunnen_Waſſer auf das allerfleißigſte aus, alſo<lb />
daß das <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Caput mortuum</foreign> nicht den geringſten Ge=ſchmack<lb />
behielt; Dieſes ſahe wie ein Licht_grauer<lb />
Kalck aus, faſt ins Hecht_blaue ſchielend, und war<lb />
eine gantz ungeſchmacke Erde. Die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrir</foreign>te Lau=ge<lb />
ſuchte durch Verrauchen in ein criſtalliniſches<lb />
Saltz anſchieſſend zu machen, aber vergebens,<lb />
ohngeachtet ichs doch zum allergelindeſten abgehen<lb />
ließ, und bey erhaltener <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Cuticula</foreign> es der Wärme<lb />
faſt gar entzog; vielmehr ſetzte es ſich nach und nach<lb />
als ein weiſſes klümperiges Weſen zuſammen, da=hern<lb />
ich auch alles beyſammen ließ und endlich gar<lb />

<pb n="665" />

austrucknete, da ich denn eine mehrentheils weißli=che,<lb />
theils Iſabellen_gilbige Saltz_Maſſe erhielt,<lb />
10. Loth I. Quentgen. Dieſe ſchmecket vornher<lb />
ziemlich <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">alcali</foreign>ſch oder potaſchenhafftig, wird aber<lb />
in der Lufft nicht ſchmierig, hinten nach etwas <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">cau-</foreign><lb />
ſtiſch, doch daß man genau darauf Acht haben muß,<lb />
und ohne daß man etwas Küchen_ſaltziges am Ge=ſchmack<lb />
daran unterſcheiden ſolte. Zwar leugne<lb />
ich nicht, daß die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Soda</foreign>, wie der Hr. Hof_Rath<lb />
Stahl ſpricht, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">indolis ſalis communis</foreign> ſey <ref target="#f1" type="noteAnchor">(*)</ref>,
aber wahrhafftig in dem allerwenigſten ja kaum<lb />
zu merckenden Antheil, wenn ich zumahl dasjenige<lb />
Saltz, ſo ich aus unſern <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Kali geniculato</foreign>, und<lb />
zwar noch darzu nach Abzug des allermeiſten Koch=Saltzes,<lb />
gemacht habe und billig die Sächſiſche<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Soda</foreign> heiſſen möchte, dargegen halte; welches nach<lb />
feinem noch herrſchenden Koch_Saltz_Antheil als<lb />
ein ſolches dermaſſen auf der Zunge mercklich iſt, daß<lb />
man das darinnen gleichwohl auch ſeyende wenige<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">alcali</foreign>ſche Weſen / welches hingegen in jenem ſehr<lb />
hervor ſticht, nicht gewahr werden kan. Dieſes<lb />
Saltz nun, oder die vielmehr gereinigte Sode,<lb />
brauſet mit allen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acidis</foreign>, und machet mit jedweden<lb />
ein ſolches <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal tertium</foreign>, wie es mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Alcalibus</foreign> ins=gemein<lb />
zu werden pfleget; mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Aquafort</foreign> wird es ein<lb />
förmliches <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Nitrum</foreign>, mit Koch_Saltz_<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritu</foreign> ein<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal commune</foreign>, mit dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acido Vitrioli</foreign> ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Alcali Vi-triolatum</foreign>.<lb />
Mit allen dreyen iſt auch daraus die o=bengedachte<lb />
allerſchönſte blaue Farbe zu erhalten,<lb />

<pb n="666" />

wie ich nur in einem Exempel erzehlen will. Nim̄<lb />
des Saltzes 1. Theil, Scheide_Waſſer 2. Theil,<lb />
laſſe es zuſammen verbrauſen, wie denn dieſe <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Pro-portion</foreign><lb />
nach dem damahligen Scheide_Waſſer<lb />
zur <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Saturation</foreign> gleich genug war, ſo wirſt du im<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Moment</foreign> die unvergleichliche <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Laſur</foreign> haben, welcher<lb />
nichts als noch die Aufſüſſung fehlen wird, und<lb />
zwar aus 6. Quentgen des Saltzes, worzu alſo 12.<lb />
Quentgen Scheide_Waſſer gehören, drittehalb<lb />
Gran, ich wolte wünſchen, daß ich ſagen könte drit=tehalb<lb />
Quentgen, und wer weiß, giebt GOTT<lb />
mehr, als wir wünſchen und begehren kön̄en. Ferner<lb />
habe ich eine mit Brunnwaſſer gemachte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Solutio-nem</foreign><lb />
dieſes Saltzes mit noch andern Dingen zu <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">præ-cipitiren</foreign><lb />
geſucht, und ob ich gleich nichts daraus er=halten,<lb />
das / wie dieſes blau_farben <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Experiment</foreign>,<lb />
zum Nutzen anzuwenden ſeyn mochte, ſo will ichs<lb />
doch darum erzehlen, damit ein anderer der ver=geblichen<lb />
Arbeit überhoben werde, und wolte GOtt,<lb />
es machte mir jeder ſeine vergeblichen Arbeiten, doch<lb />
nicht nach der Beurtheilung, ſondern nur nach der<lb />
Arbeits_Erzehlung kund und offenbar, gleich wie<lb />
unter andern <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Theobaldus de Hohland</foreign> in ſeinen Irr=wegen<lb />
derer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Alchymi</foreign>ſten vom Quecksilber gethan,<lb />
ſo wäre doch allemahl der Nach_Welt ſo weit ge=dienet,<lb />
damit ſie Irr_Wege vermeiden, und alſo<lb />
mit deſto wenigern Zeit_und Geld_Verluſt die rech=ten<lb />
Wege treffen möchten. Es giebt nemlich nebſt<lb />
denen vorgedachten drey ſauren <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritibus</foreign>, auch<lb />
mit dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritu Sulphuris pluminoſo</foreign> eine Spur<lb />

<pb n="667" />

der blauen Farbe. Mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Aceto acerrimo</foreign> brauſet<lb />
es ziemlich, <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">præcipiti</foreign>ret nichts und wird ein <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Liquor</foreign><lb />
daraus, ſo dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Arcano tartari</foreign> ziemlich gleichet;<lb />
Mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritu Nitri Dulci</foreign> <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">præcipiti</foreign>ret es ein wenig<lb />
braunliche Erde, und brauſet auch etwas mit dem=ſelbigen;<lb />
Mit der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Solutione Terræ martis Halſiacæ</foreign><lb />
brauſet es ſtarck, wird dicke, und läſſet eine Iſabellen=gelbige<lb />
Erde fallen; Mit der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Tinctura Fl. bellidis</foreign><lb />
wird es etwas dunckel_blaulich, giebt aber nichts<lb />
als ein grauliches <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sediment</foreign>; <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Spiritus Salis amm.</foreign><lb />
läſſet dieſe <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Solution</foreign> weiß und ungetrübet; <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Mixtu-ra<lb />
ſimplex</foreign> bringet es etwas zum brauſen, und<lb />
ſchläget etwas weißliches Weſen nieder; Mit<lb />
blauem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Vitriol</foreign> überwirfft ſichs nicht, und giebt eine<lb />
gantz bläß_grünliche Farbe; <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sal com.</foreign> läſſet es unge=ändert;<lb />
Man ſiehet ſchon daß ich dieſe Unterſu=chung<lb />
mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Præcipitation</foreign>en noch ſehr vielmahl hätte<lb />
verändern können, aber Zeit und Gelegenheit<lb />
wolte es vor dißmahls hierbey ſein Bewenden ha=ben<lb />
laſſen. Hingegen wanderte ich mit dieſem<lb />
Soden_Saltz an einem Loth in Glaß_Ofen, und<lb />
da erhielte ich ein helles etwas ins gelbe ſchielende<lb />
Glaſ, gleichwie etwan der <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Borras</foreign> zu geben pfle=get;<lb />
Und zuletzt nahm ich noch die oben von der<lb />
Auslaugung übergebliebenen 10. Loth der grauen<lb />
todten Erde vor, ſchickte ſie nach dem Töpffer_Ofen,<lb />
und kriegte daraus achtehalb Loth wieder, ſo nun<lb />
ziemlich weiß ausſahe. Auf dieſe <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">calcinir</foreign>te Er=de<lb />
goß bald <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Oleum Virtrioli</foreign>, bald Scheidenwaſ=ſer,<lb />
bekam zwar keine blaue Farbe zu ſehen,<lb />

<pb n="668" />

merckte aber dieſes dabey, daß ſie ſich mit beyden<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Acidis</foreign> durchbrauſete, und mit dem <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Vitriolico</foreign> ein<lb />
ſtarcker Geruch vom <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Hepate Sulphuris</foreign> mir in die<lb />
Naſe zog. Etwas von dieſer <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">calcinir</foreign>ten Erde ü=bergab<lb />
ich dem Glaß_Ofen, wolte aber zu einem<lb />
rechten Glaſe ſich nicht zwingen laſſen, ſondern<lb />
war wohl hart in Klumpen zuſammen gepacken,<lb />
und hatte zu flieſſen angefangen, aber ſeine Glaß=Feine<lb />
nicht erreichet, ſahe im übrigen ſchwärtzlich<lb />
aus; Und welches merckwürdig, ſo hatte es den<lb />
Schmeltz_Tiegel, worinnen es eingeſetzet war,<lb />
faſt wie ein Bley_Glaß zu durchbohren ange=fangen.<lb />
</p>

<note xml:id="f1"><foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Specim. Bech. p. 139.</foreign></note>

<p>
Noch eins und zwar was recht ſonderbares, zu<lb />
gedencken, ſo habe ich nur itztgedachter rohen Er=de<lb />
1. Loth, ehe ſie noch das Töpffer_Feuer erfah=ren<lb />
hatte mit Scheide_Waſſer 6. Loth <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">tractir</foreign>et,<lb />
als welches mit derſelben ſich durch brauſen ſehr<lb />
und zulänglich überwarff; Da habe ich denn beym<lb />
Eintröpffeln dieſes Waſſers einen ſtarcken ſtincken=den<lb />
Schwefel_Leber_Geruch alsbald wargenom=men,<lb />
und nachdem ich die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">filtrir</foreign>te <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Solution</foreign> zu einem<lb />
Saltz zu <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">evapori</foreign>ren vermeinte, ſo kriegte ich eine<lb />
ſo klare durchſichtige Gallerte, ſauren zuſammen=ziehenden<lb />
und faſt metalliſch_<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">vitrioli</foreign>ſchen Ge=ſchmacks,<lb />
dergleichen die allerſchönſte klärſte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Gelée</foreign><lb />
des allerbeſten Kunſt_Kochs nicht gerathen kan, und<lb />
welche ſich, wie ſehr nachdencklich iſt, auf der Koh=le<lb />
als ein doch würckliches <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Nitroſum</foreign> nicht ent=zündete.<lb />
</p>

<pb n="669" />

<p>
Dieſe Gallerte <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">diſtillir</foreign>te in <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Retorta</foreign> aus dem<lb />
Sande, da kriegte ich meinen ſauren Salpeter=Geiſt<lb />
wieder, und am Boden blieb ein gelb_brüchi=ger<lb />
Kühn, ſo erſt einen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">cau</foreign>ſtiſchen, hernach ſüß=lichen<lb />
und endlich zuſammenziehenden Geſchmack<lb />
von ſich gab.<lb />
</p>

<p>
Ich ſolte nun bey dieſen ſo vielerleynen <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phænome-nis</foreign><lb />
und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Experimen</foreign>ten meine Beurtheilung darzu<lb />
thun, aber die Zeit heiſſet mich eilen, und es iſt nö=thiger,<lb />
<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Experimenta</foreign> machen und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Data</foreign> geben, als<lb />
ſich ohne genugſame <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Data</foreign> mit <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">raiſonni</foreign>ren Mühe<lb />
machen, ja wo wir das erſte nicht fleißiger und auf=merckſamer<lb />
verrichten, als es bißhero von denen<lb />
Bücher_Würmern und Stuben_<foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Phyſicis</foreign> geſchehen<lb />
iſt, ſo thun wir beſſer, wenn wir unſere Gedancken<lb />
darüber ſparen, und zu beſſerer Reiffe kommen laſ=ſen.<lb />
Dahero will ich vielmehr noch dieſes hierbey<lb />
gedencken, daß ich beſorget geweſen bin, noch eine<lb />
andere Sode aufzuſuchen; da ich ſolche auch erhal=ten<lb />
habe, ſo kan ich mit Warheit verſichern, daß<lb />
die meiſten und vornehmſten mit voriger ſchon ge=machten<lb />
Probe von mit ſind wiederholet worden.<lb />
Meiſtentheils kam dieſe, welche ich von Leipzig brin=gen<lb />
laſſen, mit jener, ſo ich in Dreßden aufgeſu=chet<lb />
hatte, gantz überein, will dahero mit weit=läufftiger<lb />
Erzehlung die Gedult des Leſers nicht zer=reiſſen;<lb />
In einigen Umſtänden aber fanden ſich<lb />
gleichwohl einige Unterſchiede, und dieſe will ich<lb />
zu guter Nachricht hinterbringen:<lb />
</p>

<p>
Nemlich, Erſtlich war dieſe kohligter, wie<lb />

<pb n="670" />

denn Stückgen Kohlen als eines halben kleinen<lb />
Fingers darunter waren; ſie war auch nicht ſo reich<lb />
von Saltz; ſie ſtanck bey der erſten Auslaugung<lb />
wie <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Hepar Sulphuris</foreign>, welches an jener gar nicht<lb />
geſpühret; die <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Solution</foreign> war auch daher gantz ins<lb />
grünlichte fallende. Kurtz: <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sode</foreign> und <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Sode</foreign> iſt doch<lb />
zweyerley, eine <foreign xml:lang="lat" rend="antiqua">Materie</foreign> kan zufälliger weiſe eine Ei=genschafft<lb />
kriegen, welche ſie an ſich ſelbſt nicht hat,<lb />
noch haben ſolte. Darum müſſen wir den Teig<lb />
wohl erkennen, den wir zum Backen vor uns ha=ben,<lb />
und kaum können wir vor den Erfolg der Ar=beit<lb />
ſtehen, wenn wir gleich das Meel von ſeinem<lb />
Hanfwerck, und die Probe von einem Meel<lb />
genommen haben.<lb />
</p>

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