Sprach- und literaturwissenschaftliche Fakultät - Historisch-vergleichende Sprachwissenschaft

Detransitivität in den britannischen Sprachen:

Reflexivität, Reziprozität und mediale Konstruktionen


Antragstellerin: PD Dr. Britta Irslinger

 

Fachliche Zuordnung


  • Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft
  • Typologie
  • Außereuropäische Sprachen
  • Historische Linguistik
  • Einzelsprachwissenschaften

 

Projektbeschreibung


Ziel des Projekts ist die diachrone Untersuchung des Ausdrucks von Detransitivität (Refle­xi­vi­tät, Rezi­­pro­zität und mediale Konstruktionen) in den britannischen Sprachen mit Schwer­punkt auf dem Kymrischen. Die grammatischen Kategorien Reflexivität und Reziprozität ge­hören mit einer Reihe weiterer Verfahren in den Bereich der De­transiti­vie­rung. Die se­man­tischen und pragmatischen Gemeinsamkeiten und Über­gänge, die diese Kate­gorien verbinden, sind übereinzelsprachlich gut erforscht. Zahlreiche Sprachen ver­wen­den iden­tische sprachliche Markierungen, wobei sich anhand der diachronen Ent­wick­lung häufig nach­vollziehen lässt, welche Kategorie ihre Markierung auf eine der Nach­bar­kate­gorien übertragen hat.

In den meisten europäischen Sprachen spielen Marker eine Rolle, die auf dem sog. “Refle­xiv­pro­nomen” uridg. *s(w)e basieren (vgl. dt. sich, frz. se, ital. si). Im Gegensatz dazu be­sitzen die mittelalterlichen britannischen Sprachen Kymrisch, Bretonisch und Kornisch eine alternative Strategie zur Reflexiv- und Reziprokmarkierung mittels verbaler Präfigierung. Das Präfix kymr. ym-, bret. em-, korn. om- geht auf urkelt. *ambi- ‘um ... herum, von beiden Seiten’ zurück und ist damit wahrscheinlich ursprünglich ein Marker für Reziprozität und möglicherweise auch für mediale Situationstypen. Die Überprüfung der letzt­genannten Hypothese ist eine der Aufgaben des Projekts.

Während sich das Präfix im Kornischen und Bretonischen zum Reflexiv- und Rezi­prok­mar­ker entwickelt, kann im Kymrischen zum Ausdruck von Reflexivität alternativ das komplexe Intensivum ei hun verwendet werden, das sich schließlich gegenüber dem Präfix durch­setzt. Diese bisher unerforschten Entwicklungen werden anhand diachroner Textkorpora unter­sucht, datiert und unter Einbeziehung theoretischer Modelle aus den Bereichen der Typo­logie und der Sprachkontaktforschung analysiert. Auch konvergente Ent­wick­lungen mit den jeweiligen Nachbarsprachen sind zu berücksichtigen. So ist es in der Forschung um­stritten, ob die parallele Verwendung des komplexen Intensivums himself im Engli­schen hiervon be­ein­flusst wurde.

Das Erkenntnisziel des Projekts besteht in der Untersuchung der diachronen Um­struk­turie­rung eines grammatischen Teilsystems der britannischen Sprachen. Es leistet so einen wich­tigen Beitrag zum Verständnis ihrer Entwicklung. Die Ergebnisse des Projekts sind damit auch von Interesse für die Typologie, die Sprachwandeltheorie und die Sprach­kontakt­forschung.