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<?oxygen RNGSchema="http://www.tei-c.org/release/xml/tei/custom/schema/relaxng/tei_all.rng" type="xml"?> <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title>Flora oder botanische Zeitung</title> <author>Königl. botanische Gesellschaft</author> </titleStmt> <publicationStmt> <date>1821</date> <pubPlace>Regensburg</pubPlace> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl>Flora oder botanische Zeitung Nro. 6. Regensburg, am 14. Febr. 1821. 81-96.</bibl> </sourceDesc> </fileDesc> </teiHeader> <text> <body> <div type="title"> <head> Flora<lb/> oder<lb/> botanische Zeitung <lb/> welche<lb/> Recensionen, Abhandlungen, Aufsätze,<lb/> Neuigkeiten und Nachrichten,<lb/> die<lb/> Botanik betreffend, enthält.<lb/> Herausgegeben <lb/> von<lb/> der Königl. botanischen Gesellschaft<lb/> in Regensburg.<lb/> Vierter Jahrgang<lb/> Erster Band.<lb/> Mit 1 Kupfertafel und 3 Beilagen.<lb/> Nro. 6. Regensburg, am 14. Febr. 1821. <lb/> 81-96.<lb/> </head> </div> <div type="book"> <head>Botanische Zeitung<lb/> Nro. 7 Regensburg, am 14. Febr. 1821. </head> <div type="chapter"> <head n="1"> I. Aufsätze. <lb/> Über die wissenschaftliche Behand=lung<lb/> der Pflanzenkunde überhaupt,<lb/> und über Pflanzenphysiologie ins=besondere.<lb/> von Herrn Prof. Dr. B.<lb/> Wilbrand in Gieſsen.<lb/> (Beschlufs.) </head> <p> Die Geburt der Pflanzenschöpfung, ihr erstes<lb/> Beginnen – ist mir in der sogenannten Priest=leyischen<lb/> grünen Materie gegeben. Aus dieser<lb/> entwickeln sich theils längliche Algen, — vor=<unclear atLeast="6" atMost="7"></unclear><lb/> Conſerven, theils in die Fläche ausge=weinte<lb/> Algen, wie z. B. die Tremellen und UI=ven.<lb/> In diesen beyden Richtungen, worin die<lb/> Eltwickelung von der Priestleyischen Materie aus<lb/> vorwärts schreitet, sind mir die beyden Rich=tungen<lb/> gegeben , zwischen welchen das ganze<lb/> vetabilische Leben im Zustande des Sprossens<lb/> ewig schwankt, — nemlich einerseits die vor=gehende<lb/> Entwickelung in die Länge, die wei=terhin<lb/> <pb n="81"/> terhin äusserlich im Stengel der Pflanzen, und<lb/> in seinen Verzweigungen, und innerlich im Fa=serbau<lb/> sich versinnlichet, — andererseits die<lb/> vorherrschende Entwicklung in die Fläche, wel=che<lb/> weiterhin äusserlich in der Blattbildung, in=nerlich<lb/> aber in der breiten Zellenwand sich dar=stellt.<lb/> In den Conſerven und Tremellen bilden sich<lb/> Kügelchen, die sich vom Stamme trennen, und<lb/> von neuem zu sprossen beginnen; sie zeigen<lb/> demnach den Anfang dessen , was bei vol=lkommneren<lb/> Pflanzen der Zustand der Blü=the<lb/> und der Saamenbildung genannt wird.<lb/> </p> <p> Die Algen des Wassers gehen über in die<lb/> Schwämme, die sich nie unter der Wasserfläche<lb/> entwickeln. Die Vegetation steigt demnach in<lb/> den Schwämmen über die Wasserfläche hervor.<lb/> Auch die Schwämme haben noch einfache Fort=pflanzungskeime,<lb/> ohne irgend eine Andeutung einer Blume.<lb/> Ich habe dieses erste Beginnen der Vegeta=tion,<lb/> bis zur Hervorbildung der Schwämme, den<lb/> ersten Ausdruck in der Stufe der <foreign xml:lang="lat">Acotyledo=nen</foreign><lb/> genannt.<lb/> </p> <p> Darauf verbreitet sich die Vegetation über<lb/> die Fläche der Erde, von der Gränze des ewi=gen<lb/> Schnees bis zur heissen Zone hin, — und<lb/> zwar in solchen <foreign xml:lang="lat">Acotyledonen</foreign>, worin sich die<lb/> Bildung der Blume zu regen beginnt.<lb/> </p> <p> Ich habe nemlich gezeigt, daſs auf die<lb/> Schwämme die Flechten folgen. Diese haben an<lb/> der Schneelinie der Erde ihr vorherrschendes<lb/> Vaterland. Sie gehen, über in die Lebermoose,<lb/> and zwar von den Gallertflechten in die <foreign xml:lang="ita">Riccien</foreign>.<lb/> Die Lebermoose gehen von den Jungermannien<lb/> aus in die Moose über; diese setzen sich in die<lb/> <foreign xml:lang="lat">Lycopodien</foreign>, und diese in die Farren fort. Un=ter<lb/> den Farren sind es die mit zweyklappigen<lb/> Kapseln versehenen, welche zunächst mit den<lb/> <foreign xml:lang="lat">Lycopodien</foreign> verwandt sind, z. B. <foreign xml:lang="lat"> Osmunda,<lb/> Ophioglossum.</foreign><lb/> </p> <p> Wie die Flechten an der Schneegränze der<lb/> Erde ihr eigentliches Vaterland haben, sich aber<lb/> auch von da in die heisse Zone hinüberziehen:<lb/> so haben die Farren im Anfange der heissen Zone<lb/> ihr eigentliches Vaterland, ziehen sich aber auch<lb/> von da in die kalte Zone hinüber. Die Moose<lb/> liegen in ihrer Verbreitung in der Mitte beyder,<lb/> und so stehen sie auch in ihrem ganzen Verhal=ten<lb/> in der Mitte beider.<lb/> </p> <p> In Beziehung auf den Zustand der Blüthe<lb/> zigt sich auf der obern Fläche der Flechten<lb/> in den Köpfchen, Schildchen derselben u. s. w.<lb/> der Umriſs einer Blumenkrone; dagegen<lb/> findet sich an der untern Fläche der Farren<lb/> die Kapsel, mithin derjenige Theil, welchen<lb/> wir in den Blumen die Frucht nennen. — We=der<lb/> in den Flechten, noch in den Farren sind<lb/> <pb/> Andeutungen vоп Stauborganen oder Pistillen; —<lb/> diese erscheinen vielmehr bei den Moosen. In<lb/> diesen findet sich mithin 1) die Andeutung der<lb/> Blumenkrone, wie sie schon in den Flechten<lb/> vorhanden ist; 2) Die Fruchtkapsel, wie sie in<lb/> den Farren vorkommt; und 3) zugleich die An=deutung<lb/> sogenannter Geschlechtsorgane (Hedwig's<lb/> Entdeckung).<lb/> </p> <p> Die Flechten sind im ersten Momente, im<lb/> Zustande des Spopssens; in einem hohen Grade<lb/> in sich zusammengezogen, und im Gegensatze<lb/> mit diesem Verhalten deutet sich der zweite Mo=ment<lb/> ihres Lebens, die Blume, im Zustande der<lb/> Ausdehnung als Blumenkrone an. — Die Farren<lb/> sind im Gegentheile im ersten Momente ihres<lb/> Daseyns, — im Sprossen, — Blätter, und an<lb/> der Grenze der heissen Zone baumartige Blät=ter,<lb/> und hiermit ist der zweyte Moment im Ge=gensatze<lb/> in der bloſsen Kapselbildung gegeben,<lb/> wovon die Kapseln nicht dem Lichte zugekehrt<lb/> sind, wie die angedeuteten Blumen der Flech=ten,<lb/> sondern der Erde, der sie ihrer Bestim=mung<lb/> nach zunächst angehören.<lb/> </p> <p> Ich habe diese zweyte Steigerung in der<lb/> Stufe der <foreign xml:lang="lat">Acotyledonen</foreign> ihren zweyten Aus=druck<lb/> genannt.<lb/> Hierauf folgen diejenigen Pflanzen, in wel=chen<lb/> die Natur bis zur Entwickelung, wirklicher<lb/> Stauborgane und Pistille vorwärts schreitet. Es<lb/> <pb n="84"/> sind die <foreign xml:lang="lat">Equisetaceen</foreign> in der gemässigten,« die<lb/> Palmenfarren in der warmen, und die Najaden<lb/> in der gemässigten Zone. — Zu den <foreign xml:lang="lat">Equiseta=ceen</foreign><lb/> rechne ich: <foreign xml:lang="lat">Equisetum, Pillularia, Isoetes,<lb/> Marsilea, Salvinia.</foreign> In der angedeuteten Blüthe<lb/> beim <foreign xml:lang="lat">Equisetum</foreign> erscheinen die angedeutetn Staub=organe<lb/> und Pistille der Moose wieder. Das <foreign xml:lang="lat">Equi=setum</foreign><lb/> hebt sich von der Erde in die Höhe, in<lb/> der Gestalt eines blattlosen Pflanzensten=gels,<lb/> und hierin kehrt die Natur der Flechten<lb/> zurück, worin der Pflanzenstoff so sehr in sich<lb/> zusammengezogen ist, daſs es weder zu einer<lb/> entschiedenen Blattbildung, noch zur Bildung ei=nes<lb/> Stengels kommt. Wenn sich .auch manche<lb/> Flechten blattartig ausdehnen, so bleibt doch<lb/> ihre Substanz so zusammengezogen, daſs sich in<lb/> keiner Flechte ein eigentliches Pflanzenfleisch<lb/> (<foreign xml:lang="lat">Parenchyma</foreign>) findet. Das Equisetum, und die<lb/> <foreign xml:lang="lat">Pillularia</foreign>, deren Stengel auf der Erde liegt, zei=gen<lb/> einen gegliederten Bau, mit Andeutungen<lb/> von Blattscheiden. Diese Bildung kommt in den<lb/> Gräsern nach einem schönern Maaſsstabe wieder<lb/> zum Vorschein; auch entfaltet sich das <foreign xml:lang="lat">Equise=tum</foreign>,<lb/> in Hinsicht auf den zweiten Moment seines<lb/> Lebens in eine Art <foreign xml:lang="grc">Aehre</foreign>, und auch diese er=scheint<lb/> bei den Gräsern in einer schönern Ent=wickelung<lb/> wieder.<lb/> </p> <p> Was nun die <foreign xml:lang="lat">Equisetaceen</foreign> in der kalten und<lb/> in der gemässigten Zone sind, das sind mir die<lb/> <pb n="85"/> Palmenfarren im Anfange der warmen Zone. Hier=her<lb/> rechne ich die <foreign xml:lang="lat">Zamia</foreign> und <foreign xml:lang="lat">Cyca</foreign>. Die Art,<lb/> wie sich in denselben die Blüthe darstellt, zeigt<lb/> auf ihre Verwandtschaft mit den <foreign xml:lang="lat">Equisetaceen</foreign><lb/> hin. Wenn indeſs die <foreign xml:lang="lat">Equisetaceen</foreign> sich mehr<lb/> in der Gestalt von Pflanzenstengeln entwickeln,<lb/> so bilden die Palmenfarren sich in Blätter aus,<lb/> die scheidenförmig den Stengel umfassen.<lb/> Die Najaden endlich sind die ersten Pilan=zen<lb/> mit vollkommnen Blumen, — nemlich mit<lb/> Stauborganen, Pistillen, und Früchten.<lb/> </p> <p> Von den Najaden dürften sich die <foreign xml:lang="lat">Lemna</foreign> - Ar=ten<lb/> zunächst an die Salvinia unter den <foreign xml:lang="lat">Equiseta=ceen</foreign><lb/> anschließen. — Ich nenne diese Pflanzen=reihe,<lb/> nämlich die <foreign xml:lang="lat">Equisetaceen</foreign>, die Najaden und<lb/> die Palmenfarren den dritten Ausdruck in<lb/> der Vegetation der <foreign xml:lang="lat">Acotyledonen</foreign>.<lb/> In dieser Stufe entfaltet sich demnach, in<lb/> einer dreifachen Steigerung die Blume, und<lb/> sobald diese da ist, ist auch die Stufe der <foreign xml:lang="lat">Aco=tyledonen</foreign><lb/> in sich geschlossen. Alle <foreign xml:lang="lat">Monocotyle=donen</foreign><lb/> und alle <foreign xml:lang="lat">Dicotyledonen</foreign> sind ohne Ausnah=me<lb/> blumentrogende Gewächse.<lb/> </p> <p> Diese dreifahe Steigerung besteht demnach<lb/> in Folgendem:<lb/> 1) Erzeugung einfacher Fortpflanzungskeime,<lb/> ohne alle Andeutung einer Blume, — Was=ser-Algen<lb/> und Schwämme. 2) Einfache Fortpflanzungskeime mit ange=deuteten<lb/> <pb n="86"/> Stauborganen und Pistillen, —<lb/> Moose.<lb/> 3) Einfache Fortpflanzungskeime mit wirkli=chen<lb/> Stauborganen und mit Pistillen, —<lb/> Najaden.<lb/> </p> <p> Die Schwämme stehen mit den Wasser-Al=gen,<lb/> die Flechten und Farren mit den Moo=sen,<lb/> die <foreign xml:lang="lat">Equisetaceen</foreign> und Palmenfarren mit den<lb/> Najaden als integrirende Glieder auf der=selben<lb/> Bildungsstufe.<lb/> </p> <p> Die ganze jedesmalige innere Bildung die=ser<lb/> Gewächse geht mit der äussern Bildung der=selben<lb/> gleichen Schrittes; — ich habe dieses im<lb/> Einzelnen nachgewiesen.<lb/> </p> <p> Die Stufe der <foreign xml:lang="lat">Monocotyledonen</foreign> beginnt in<lb/> der Annäherung zur Schneelinie der Erde in<lb/> den Gräsern; — diese erinnern, wie oben be=merkt<lb/> worden ist, in aller Hinsicht an die Bil=dung<lb/> des <foreign xml:lang="lat">Equisetum's</foreign>.<lb/> Die Entwickelung des Grases vom Saamen=korn<lb/> bis zur Blüthe, und den Schluſs von der<lb/> Blume zum Saamenkorn habe ich im Einzelnen<lb/> nachgewiesen. In jedem Knotenpunkte des Gras=halms<lb/> theilt sich der Pflanzenstoff in eine innere,<lb/> und in eine äussere Schichte; jene schlieſst sich<lb/> zum Halme, diese entfaltet sich zur Blattscheide.<lb/> In der Blattscheide bildet sich wieder in der<lb/> Quere eine Art von Knoten, und so theilt sich<lb/> <pb n="88"/> dieselbe in das Blatthäutchen (<foreign xml:lang="lat">Ligula</foreign>), und in<lb/> das wirkliche Blatt. — Die längliche hohle Bohre<lb/> im Halme zwischen zwei Knoten ist eine deutli=chere<lb/> Andeutung der sogenannten Gefäſsbildung<lb/> in den Pflanzen; denn die sogenannten Gefässe<lb/> zwischen den Fasern entstehen in jeder Pflanze<lb/> auf dieselbe Weise. Das ausgedehnte Blatt des<lb/> Grases umschlieſst den geschlossenen Halm, und<lb/> dieser würde ein Blatt seyn, wenn er der Länge<lb/> nach gespalten wäre. In der Blume findet sich<lb/> das Entgegengesetzte; nemlich die mehr zusam=mengezogenen<lb/> Theile der Blume, die Staubor=gane,<lb/> stehen im Umkreise der mehr ausgedehnten<lb/> Theile, — der Pistille. Dieses ist zugleich eine<lb/> Regel ohne Ausnahme, wonach alle so=genannten<lb/> Zwitterblumen gebildet sind. Auch<lb/> sind die Stauborgane in ihrer Bildung im Gegen=satze<lb/> mit den Pistillen; nemlich der Staubfaden<lb/> trägt den Staubbeutel und findet sich mithin un=ter<lb/> demselben; dagegen sitzen im Pistill die<lb/> fadenförmigen Griffel auf dem ausgedehn=ten<lb/> Fruchtknoten.<lb/> </p> <p> Die Bildung der Gräser zieht sich durch die<lb/> Binsengräser in die Graslilien hinüber; diese ge=hen<lb/> zu den Spargelgewächsen, <foreign xml:lang="lat">Asphodelen</foreign>,<lb/> Schwertlilien, Lilien u. s w. über. Die <foreign xml:lang="lat">Monoco=tyledonen</foreign><lb/> mit gefärbten Blumen gehen endlich in<lb/> der heissen Zone in die Palmen über.<lb/> </p> <p> Von allen <foreign xml:lang="lat">Monocotyledonen</foreign> verbreiten sich<lb/> <pb n="89"/> die Gräser am meisten nach den halten Erdge=genden<lb/> hin; dagegen sind die Palmen Bewohner<lb/> der heissen Zone; — die <foreign xml:lang="lat">Monocotyledonen</foreign> mit<lb/> den schönsten Blumen liegen in ihrer Verbrei=tung<lb/> über die Erde in der Mitte zwischen der<lb/> vorherrschenden Grasflor, und der. Palmenwelt,<lb/> und hiermit stimmt ihre ganze innere Bildung<lb/> vollkommen überein.<lb/> </p> <p> In den Gräsern beginnt die Entwickelung<lb/> mit dem Hervorschiessen der Blätter; sie liegen<lb/> abwärts am Stamme, der Erde zunächst.<lb/> In den Palmen hebt sich dagegen im Gegensatze<lb/> mit den Gräsern, der Stamm aus der Erde auf=wärts,<lb/> und entfaltet sich bei den höchsten Pal=men<lb/> erst an der Spitze in Blätter.<lb/> </p> <p> In allen <foreign xml:lang="lat">Monocotyledonen</foreign> herrscht, wie in ih=rer<lb/> äussern Gestalt, so auch in ihrem innern<lb/> Verhalten eine durchgreifende Uebereinstimmung.<lb/> Ueberall ist innerlich die Fasermasse mit dem<lb/> weichen Fleische (<foreign xml:lang="lat">Parenchyma</foreign>) durchwebt; es<lb/> kommt zu keinem in sich geschlossenen Holz=körper.<lb/> So ist auch äusserlich das Blatt mit dem<lb/> Stamme in der Art verschmolzen, daſs die jedes=malige<lb/> äussere Schichte des Stammes sich zum<lb/> Blatte ablöset.<lb/> </p> <p> Die <foreign xml:lang="lat">Monocotyledoen</foreign> sind vorzugsweise Früh=lingspflanzen,<lb/> wie die <foreign xml:lang="lat">Acotyledonen</foreign>, besonders<lb/> die Moose, die Flechten und die Schwämme am<lb/> meisten im Herbste vegetieren. Dieses zeitliche<lb/> <pb n="90"/> Verhalten stimmt mit ihrer ganzen Natur voll=kommen<lb/> überein.<lb/> Die Stufe der <foreign xml:lang="lat">Dicotyledonen</foreign> beginnt in<lb/> krautartigen Wassergewächsen, und verbreitet<lb/> sich alsdann von der kalten Zone zur heissen<lb/> Zone in der Art, daſs in der kalten Zone nie<lb/> krautartige Gewächse dieser Stufe erscheinen,<lb/> während in der Annäherung zur warmen Zone die<lb/> vielen Bäume undurchdringliche Wälder bilden.<lb/> </p> <p> In den krautartigen Gewächsen kehrt die Natur<lb/> der <foreign xml:lang="lat">Monocotyledonen</foreign> zurück, und zwar innerlich<lb/> in der vorherrschend fleischigen Bildung dersel=ben,<lb/> äusserlich in der vorherrschenden Entfalt=ung<lb/> der Blätter. Auch in den Blumen der Kräu=ter<lb/> ist die Blattbildung überwiegend. Vorzüg=lich<lb/> zeichnen sich hierin die Kräuter auf den Al=pen<lb/> aus, besonders da, wo sie sich der Schnee=linie<lb/> nähern.<lb/> </p> <p> Die Kräuter ziehen sich in Stauden, diese<lb/> in Sträucher, und diese in Bäume hinüber. In<lb/> den Bäumen ist die Stammbildung über die Ent=wickelung<lb/> der Blätter herrschend; in den Kräu=tern<lb/> ist dagegen die Entwickelung der Blätter<lb/> über die des Stammes herrschend, — und zwar<lb/> am auffallendsten in den stammlosen Kräutern,<lb/> z. B. <foreign xml:lang="lat">Dellis, Leontodon</foreign>. — Die innere Bildung<lb/> aller dieser Gewächse geht mit der äussern durch=aus<lb/> gleichen Schrittes fort. Bei den Bäumen<lb/> <pb n="90"/> liegt der in sich geschlossene Holzring zwischen<lb/> dem Mark in der Mitte, und dem Zellgewebe im<lb/> Umkreise, wie im Saamenkorn dieser Pflanzen<lb/> das Heimchen zwischen den beiden Saamenlappen<lb/> als der mittlere Theil erscheint. Das Mark hebt<lb/> sich aufwärts zur Krone hin, und füllt die Spi=tzen<lb/> der Zweige und die Blätter an, und wird<lb/> hier das Fleisch derselben (Parenchyma) genannt.<lb/> Unter diesem Fleische ist der Holzkörper zur<lb/> Erde hin zurückgedrängt.<lb/> </p> <p> In den Kräutern der <foreign xml:lang="lat">Dicotyledonen</foreign> erscheint<lb/> die Knotenbildung der Gräser wieder; und statt<lb/> dieser finden sich im Holze der Sträucher und<lb/> Säume die <foreign xml:lang="lat">Marksiralen</foreign>, welche die Spiegelflä=chen<lb/> erzeugen.<lb/> </p> <p> Wenn in den hohlen Röhren zwischen den<lb/> Holzfasern die Säfte der Pflanzen wieder auf=steigen,<lb/> so geschieht dieses an der innern Wand<lb/> der Gefässe in der Spiralform; und da überall in<lb/> den Pflanzen die Gestaltung zur festen Masse<lb/> mit dem Aufsteigen der Säfte innig vereinigt ist,<lb/> so geht auch mit dem Aufsteigen des Saftes an<lb/> der innern Wand der Gefässe eine Gestaltung<lb/> gleichen Schrittes, — so entsteht innerlich die<lb/> Spiralfaser. Die Form derselben, die Spiralli=nie<lb/> finden wir äusserlich in den windenden Pflan=zen,<lb/> und dann an jeder Pflanze in der Stellung<lb/> der Blätter, der Blumen u. s. w.<lb/> </p> <p> Die Verzweigung der <foreign xml:lang="lat">Dicotyledonen</foreign> in ihre<lb/> <pb n="91"/> Hauptfamilien habe ich in meinem Handbuch<lb/> der Botanik dargestellt; den Hauptinhalt davon<lb/> werde ich bei einer andern Gelegenheit in die=sen<lb/> Blättern mittheilen.<lb/> </p> <p> Dieses ist nun ein Theil von einem Schatten=risse<lb/> des Gemäldes des Lebens, wie ich dassel=be,<lb/> als in der organischen Natur hervortretend,<lb/> in meiner Darstellung der gesammten Organisa=tion<lb/> hingegeben habe. Diesem wissenschaftlich<lb/> klaren Gemälde des Lebens habe ich die schön=ste<lb/> Blüthe meines eigenen Lebens gewidmet,<lb/> und werde ihm auch mein weiteres Leben wid=men.<lb/> Es ist mit dem innersten Wesen meiner<lb/> Persönlichkeit verschmolzen; doch habe ich es<lb/> hingegeben, damit es in das wissenschaftliche und<lb/> moralische Leben der Menschen wieder eingrei=fen<lb/> und Früchte tragen möge. Wer es indeſs<lb/> nur nehmen und sich aneignen will, ohne<lb/> die ursprüngliche Quelle anzugeben, der greift<lb/> mir ans Herz. Ein solches scheint wenigstens<lb/> in der oben angeführten Stelle in Nro. 172. der<lb/> Jenaischen Literaturzeitung, verbunden mit einer<lb/> andern literarischen Erscheinung im Gebiete der<lb/> Botanik, vorbereitet zu werden.<lb/> </p> </div> <div type="chapter"> <head n="2"> II. Botanische Notizen.<lb/> Botanische Nachrichten aus Italien.<lb/> (Nach Acerbi's Bericht über die in Italien<lb/> erschienenen Schriften.)<lb/> </head> <p> Die Materialien zu einer italienischen Flora<lb/> vermehren sich fortwährend, welches wir den<lb/> unermüdeten Nachforschungen unserer Botaniker<lb/> verdanken, die in den verschiedenen Provinzen<lb/> und Staaten dieser schönen Halbinsel vertheilt<lb/> sind. Herr Prof. Balbis hat in dem 23sten<lb/> Bande der <foreign xml:lang="ita">Mem. della R. Acad. delle scienze</foreign><lb/> di Torino, einen Aufsatz eingerückt, welcher die<lb/> neuen Pflanzen enthält, die er für die <foreign xml:lang="ita">Flora pe=demontana</foreign><lb/> aufgefunden hat. In demselben Bande<lb/> befindet sich ein Aufsatz von Hrn. Dr. Biroli,<lb/> über ein von ihm entdecktes <foreign xml:lang="grc">Phyteuma</foreign>. Der<lb/> Marcbese de Spigno vermehrt seinen prächti=gen<lb/> botanischen Garten zu St. Sebastian bei<lb/> Turin fortwährend mit neuen Pflanzungen, wor=über<lb/> ein eigener Catalog <ref target="#f1" type="noteAnchor">*)</ref> erschienen ist. In<lb/> Hantua ist erschienen: <foreign xml:lang="ita">Nuovo Dizionario di Bo=tanica<lb/> di Pellegrino Bertani Mant. 1817 — 18<lb/> erede Pazzoni vol.</foreign> 3. 8. In den <foreign xml:lang="lat">Comentarj<lb/> di Brescia del 1818.</foreign> hat Hr. Zantedeschi einige<lb/> <note xml:id="f1"><foreign xml:lang="ita"> *) Le Jardin de S. Sebastien, o sia catalogo delle piante<lb/> che si coltivano nel giardino di S. Sebastiano, con note<lb/> sopra alcune specie nuove e poco conosciute del Signor<lb/> Marchese de Spigno. Torino 1818. 8. con figure.</foreign><lb/> </note> <pb n= "93"/> neue Arten von der Gattung <foreign xml:lang="lat">Laserpitium, Be=tonica</foreign><lb/> und <foreign xml:lang="lat">Saxifraga</foreign> beschrieben und abge=bildet.<lb/> Während indessen hierüber schon einige<lb/> Zurechtweisungen geschehen, welche darthun<lb/> daſs das <foreign xml:lang="lat">Laserpitium</foreign> nichts andres, als <foreign xml:lang="lat">L. pi=losum</foreign><lb/> Willd. Enura, р. 310. die <foreign xml:lang="lat">Betonica</foreign> die<lb/> B. hirsuta Linn. und die <foreign xml:lang="lat">Saxifraga</foreign> die <foreign xml:lang="lat">S. arach=noidea</foreign><lb/> Sternberg. sey, suchen andere diese<lb/> Fehler damit zu entschuldigen, daſs den einzel=nen<lb/> Gelehrten in den Provinzen nicht alle Hülfs=mittel<lb/> zu Gebote stehen, die diese jezt so sehr<lb/> erweiterte Wissenschaft erfordert.<lb/> </p> <p> Herr Prof. Jan in Parma giebt eine <foreign xml:lang="lat">Flora<lb/> Italiae superioris </foreign>mit getrockneten Pflanzen in<lb/> mehrern Abtheilungen heraus (Vergl. For. 1820.<lb/> S. 172.) nach dem Vorgange der Hrn. Schlei=cher,<lb/> Hoppe und Seringe in Deutschland. In<lb/> Italien ist dieſs eine ganz neue Erscheinung, die<lb/> sehr vielen Beifall findet, indem diese Sammlung<lb/> sowohl eine angenehme, als nützliche Zierde in<lb/> der naturhistorischen Bibliothek ausmacht.<lb/> </p> <p> Herr Prof. Moretti in Pavia machte seine<lb/> <foreign xml:lang="ita">Osservazione sopra diverse specie di piante in=digene<lb/> d'Italia e Milano</foreign> bekannt, darin kommen<lb/> unter mehrern gemeinern einheimischen auch<lb/> ganz neue vor. Z. B. Veronica Hostii Morett.<lb/> Synonyma sind: <foreign xml:lang="lat">Ver. flexuosa Host. Synops.<lb/> edit. II. inedita. V. maritima Noce et Balb.<lb/> V. recta II. Tabernemont</foreign>. Sie wächst<lb/> <pb n= "94"/> in Ungarn, und <foreign xml:lang="lat">Scrophularia atropurpurea<lb/> Morett. S. foliis bipinnatifidis: foliolis dentatis<lb/> acatis falcatis, panicula terminali, pedunculis sub<lb/> trifloris. Caulis teres.<lb/> H. in Valtagna prope Bassano.</foreign><lb/> Der verdienstvolle Prof. Bertoloni in Bo=logn<lb/> hat sich neuerdings durch botanische Werke<lb/> ausgezeichnet <ref target="#f2" type="noteAnchor">*)</ref>. Hr. Prof. Savi in Pisa hat einige Beobach=tungen<lb/> über <foreign xml:lang="lat">Magnolia grandiflora</foreign> herausge=geben<lb/> und sezt seine uneigentüch sogenannte<lb/> <foreign xml:lang="ita">Flora italiana</foreign> mit grofsem Eifer fort. Auf glei=che<lb/> Weise hat die <foreign xml:lang="lat">Flora romana</foreign> von Sebastia=ni<lb/> und Mauri ihren Forgang.<lb/> </p> <p> Hr. Prof. Tenore in Neapel ermuntert<lb/> mündlich und schriftlich seine Landsleute zum<lb/> Studium der Botanik und hat bereits den 2. Thl.<lb/> seiner <foreign xml:lang="lat">Flora neapolitana</foreign> herausgegeben.<lb/> In Sicilien sind Hr. Bivona und Tineo<lb/> unermüdet mit botanischen Gegenständen beschäf=tigt,<lb/> um die seltenen Pflanzen bekannt zu ma=chen,<lb/> die unter diesem glücklieben Himmelsstri=che<lb/> <note xml:id="f2"><foreign xml:lang="lat"> *) Anton. Bertoloni Amoenitates Italicae sistentes opuscula<lb/> ad rem herbariam et zoologiam Italiae spectantia. Bonon.<lb/> 1819. 4. 472 S. mit 6 Tafeln. — Sopra due speeie<lb/> nuove di piante itallane, memoria di A. Bertoloni (Op.<lb/> scient. di Bologna fasc. 15. — sopra l'erbario ed una<lb/> lettera del Cesaipino, Mem» di A Bertoloni (ibid.<lb/> fac, 16.)</foreign><lb/> </note> <pb n="95"/> wachsen, welchen die Natur mit allen denje=nigen<lb/> Schätzen bereicherte, die sowohl an den<lb/> Küsten des atlantischen, als an den mitternächt=lichen<lb/> Ufern des adriatischen Meeres vorkom=men,<lb/> und die zum Theil die vorzüglichste Zierde<lb/> der <foreign xml:lang="lat">Flora atlantica</foreign> von Desfontaines ausma=chen.<lb/> Ihre Schriften sind bereits in der bot.<lb/> Zeitung verzeichnet.<lb/> </p> </div> <div type="chapter"> <head n="3"> III. Kürzere Briefstellen.<lb/> </head> <p> Bei der letzten Pflanzen-Ausstellung in Har=lem<lb/> im Sommer 1820. wovon bereits in der Flora<lb/> die Rede war, haben folgende Pflanzen den<lb/> Preifs erhalten:<lb/> </p> <p> als die beiden seltensten<lb/> <foreign xml:lang="lat">Dillenia speciosa</foreign> von Hrn. Jan Mооner, Blumist aus Harlem.<lb/> <foreign xml:lang="lat">Dorianthes excelsa</foreign> Jan Willink, aus Harlem.<lb/> als die beiden bestgepflegten<lb/> <foreign xml:lang="lat">Digitalis Sceptrum</foreign> von Hrn. I. Goll von Frankenstein aus Velzen<lb/> <foreign xml:lang="lat">Ficus elastica</foreign> von Hrn. Jan Willink.<lb/> </p> <p> Noch habe ich das Vergnügen, Ihnen anzeigen<lb/> zu können, daſs der erste Theil der <foreign xml:lang="lat">Flora basi=leensis</foreign><lb/> von meinem verehrten Freunde, Hrn. Prof.<lb/> Hagenbach vollendet ist, und daſs wir hoffen dürfen,<lb/> ihn noch in diesem Frühjahr gedruckt zu<lb/> sehen. Fr. Nees v. Essenbeck.<lb/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI>