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<?xml version="1.0" encoding="UTF-8"?> <?oxygen RNGSchema="http://www.tei-c.org/release/xml/tei/custom/schema/relaxng/tei_all.rng" type="xml"?> <TEI xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"> <teiHeader> <fileDesc> <titleStmt> <title>Noch einige Worte über den Befruchtungsakt und die Poljembryonie bei den höheren Pflanzen</title> <author>F. J. F. Meyen Doctor der Philosophie, der Medizin und der Chirurgie. Ausserordent=licher Professor an der Königl. Friedrich-Wilhelm Universität zu Berlin.</author> </titleStmt> <publicationStmt> <date>1840</date> <pubPlace>Berlin</pubPlace> </publicationStmt> <sourceDesc> <bibl> Meyen, F. J. F. (1840), Noch einige Worte über den Befruchtungsakt und die Poljembryonie bei den höheren Pflanzen. Berlin, Haude und Spenersche Buchhandlung, (S. J. Josephy.) Mit zwei Steintafeln in Quart. pp. III-IV; 24-50.</bibl> </sourceDesc> </fileDesc> </teiHeader> <text> <body> <div type="book"> <head rend="brown">Noch einige Worte über den Befruchtungsakt und die Poljembryonie bei den höheren Pflanzen</head> <div type="preface"> <head>Vorwort.</head> <p> Es ist nur zu bekannt, daſs neue Ansichten mei=stens <lb/> ehr oder weniger lebhaft aufgenommen <lb/> erden und oftmals lange Zeit hindurch herrschend<lb/> leiben, selbst wenn sich auch die gröſsten Schwie=rigkeiten<lb/> er Begründung derselben entgegenstel=len;<lb/> ieses ist nur zu bekannt, als daſs man sich <lb/> arüber wundern darf, daſs neue Hypothesen, welche <lb/> ürzlich über die Bildung des Pflanzen-Embryo's <lb/> ufgestellt wurden, die nichts weniger bezwecken,<lb/> ls die Umstürzung unserer uralten und ehrwür=digen<lb/> nsichten über das Geschlecht der Pflanzen,<lb/> aſs diese von vielen Seiten mit so groſsem Bei=falle<lb/> ufgenommen worden sind. Ich meine hie=mit<lb/> ie Hypothesen, welche die Herren <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">M. J. <lb/> chleiden</w></name> <ref target="#f1" type="noteAnchor"> *) </ref> und <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">St.Endlicher</w></name> <ref target="#f2" type="noteAnchor"> **) </ref> zur Berichti=gung<lb/> nserer bisherigen Ansichten über das Ge=schlecht<lb/> nd die Zeugung der Pflanzen publicirt <lb/> aben. Obgleich diese Hypothesen nicht ganz<lb/> eu sind, und die Grundansicht derselben selbst<lb/> chon in mehreren älteren Werken widerlegt wor=den <pb n="III"/> ist, so haben sie denn doch in früheren Zeiten<lb/> icht so groſses Aufsehen gemacht, wenngleich <lb/> uch damals durch die Aufstellung derselben eine<lb/> treitfrage erregt wurde, welche man mit groſser<lb/> eftigkeit führte.<lb/> chon in einer andern Schrift <ref target="#f3" type="noteAnchor"> *) </ref> habe ich jene<lb/> eue Hypothese über das Geschlecht der Pflan=zen<lb/> mständlich erörtert und dieselbe, wenigstens <lb/> ie es mir scheint, mit einigen schlagenden Be=weisen<lb/> iderlegt; da ich aber erfahren habe, daſs <lb/> an von einigen Seiten her meine Beobachtun=gen<lb/> ber den Befruchtungsakt der Pflanzen un=richtig<lb/> eutet, so nehme ich diesen Gegenstand <lb/> ieselbst nochmals auf, und indem ich die haupt=sächlichsten<lb/> esultate meiner früheren Unter=suchungen<lb/> ber denselben zusammenstelle, werde <lb/> ch sie mit meinen neuesten Beobachtungen ver=einigen,<lb/> nd die neuesten Untersuchungen anderer<lb/> otaniker hiebei ebenfalls benutzen. </p> <p> Berlin im October 1839. J. Meyen. </p> <note xml:id="f1"> *) Einige Blicke auf die Entwickelungs-Geschichte des vegetabilischen Organismus bei den Phanerogamen. — In Wiegmann's Archiv d. Naturgeschichte. 1837. I. p.291-320.</note> <note xml:id="f2"> **) Grundzüge einer neuen Theorie der Pflanzenzeugung. Wien 1838.</note> <note xml:id="f3"> *) Neues System der Pflanzen-Physiologie. III. Berlin 1839. pag. 272-320 etc.</note> <pb n="IV"/> </div> <div type="chapter"> <head/> <p> Einen sehr wichtigen Beweis für die Richtigkeit un=serer älteren Ansichten über das Geschlecht der Pflanzen sehe ich in den Entdeckungen der neueren Zeit, daſs der Inhalt der Antheren bei den niederen Pflanzen eine Sub=stanz enthält, welche mit der spermatischen Feuchtigkeit der Thiere eine überaus groſse Aehnlichkeit zeigt; ich meine hiemit die Entdeckungen über <desc rend="cell">das Vorkommen der Saamenthierchen in den Antheren der <name type="plant">Laub- und Lebermoose</name>, so wie bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Charen</name>.</desc> Möge man diese Gebilde, welche ich mit dem Namen der vegetabilischen Saamenthierchen belegt habe, für wirkliche Thiere, für <pb n="24"/> Eingeweidewürmer oder auch für etwas Anderes halten, darauf kommt es nicht an, ich wünsche nur, daſs man sie für eben dasselbe hält, wofür man die Saamenthier=chen der Thiere erklärt. Ich glaube nun aber, daſs es zu nahe liegt aus dem gleichartigen Auftreten dieser Substanzen auf eine gleiche Function derselben bei Pflan=zen und bei Thieren zurückschlieſsen zu dürfen, als daſs darüber noch weitläuftigere Beweise zu führen nöthig wären. Erkennt man nun aber an, daſs die Fovilla bei den <name type="plant" xml:lang="foreign">Cryptogamen</name> wirklich die befruchtende männliche Substanz ist, woran übrigens auch aus dem Verhältniſs der Antheren jener <name type="plant" xml:lang="foreign">Cryptogamen</name> in ihrem Auftreten zu den weiblichen Organen gar nicht gezweifelt werden darf, so werden wir auch genöthigt sein die Fovilla im Inne=ren des Pollenkornes für die befruchtende männliche Substanz zu halten. Es wird den geehrten Lesern dieser kleinen Schrift der Streit bekannt sein, welcher über die Natur der selbstbeweglichen Moleküle im Inneren der Fovilla geführt ist, ich halte es aber nicht mehr für nöthig gegen die Angabe einiger Schriftsteller zu erwi=dern, welche da glauben, daſs ich Amylum-Kügelchen für jene selbstbeweglichen Moleküle angesehen habe, die ich in ihrer Bedeutung mit den Saamenthierchen der Thiere vergleiche. Da nun aber gegenwärtig bei so vie=len niederen Pflanzen ausgezeichnet auffallend geformte Saamenthierchen gefunden sind, welche sogar denen in dem Sperma der Thiere im hohen Grade ähnlich sind, so könnte man wohl die Frage aufwerfen, wie es wohl zu erklären sei, daſs die Saamenthierchen bei den höhe=ren und bei den niederen Pflanzen so überaus verschie=den sind, daſs man zwischen ihnen auſser der selbst=ständigen Bewegung keine andere Aehnlichkeit bemerkt. Diese selbstständige Bewegung der spermatischen Mole=küle <pb n="25"/> bei den höheren Pflanzen habe ich neuerlichst wie=derum häufig betrachtet, um mit den uns gegenwärtig zu Gebote stehenden Vergröſserungen die Ursache der=selben zu erforschen, habe aber leider an diesen Mole=külen keine besonderen Bewegungsorgane wahrgenommen. Indessen habe ich dennoch die Bewegung der spermati=schen Moleküle bei manchen Pflanzen in der Art beob=achtet, daſs es mir und ebenso auch Anderen, welche diese Bewegungen sahen, gar nicht mehr so unwahrscheinlich erschien, dasſ auch diese Gebilde mit irgend einem be=sonderen Bewegungsorgane versehen sind, welches aber so zart ist, daſs es sich unsern jetzigen Instrumenten noch vollkommen entzieht. Wenn man nämlich die Saa=menthierchen der <name type="herb">Moose</name> in groſsen Massen nebenein=anderliegend beobachtet, dann wird man sehr häufig eigenthümlich springende Bewegungen ihrer Körperenden wahrnehmen, welche nur durch die Verwickelungen ihrer Rüssel hervorgerufen werden, und eben solche, oft sehr auffallend schnellende Bewegungen sah ich gar nicht selten an den spermatischen Molekülen der höheren Pflanzen und ganz besonders ausgezeichnet bei den <name type="plant" xml:lang="foreign">Cucurbitaceen</name> . Auf eine solche Vermuthung zu kommen liegt wohl gar nicht so fern, denn als Schmidel die Saamenthierchen der <name type="herb" xml:lang="foreign">Jungermannia pusilla</name> entdeckte, und ebenso noch <!-- nach: Jungermann(+ia)=Latinisation; (lat.:)pusillus=klein; derivat. --> später, als man die der <name type="herb" xml:lang="foreign">Sphagnum-</name> Arten entdeckte, hat man wegen der schwachen Vergröſserung ihre Rüssel gänzlich übersehen. </p> <p> Auch möchte es sehr zu beachten sein, daſs der Pollen mancher Pflanzen, in groſsen Massen, jenen auf=fallenden Geruch zeigt, welcher dem thierischen Sperma so eigenthümlich ist, so daſs man auch hiedurch anzu=nehmen genöthigt würde, daſs die Fovilla der Pflanzen dem Sperma der Thiere entspricht. <pb n="26"/> </p> <!-- "27" --> <p> Endlich wollen wir noch einige Erscheinungen der Bastarderzeugung gedenken, welche sich sicherlich nur nach den bisherigen Ansichten über das Geschlecht der Pflanzen genügend erklären lassen. Es ist aus der Ver=vielfältigung der Pflanzen durch Knospen allgemein be=kannt, daſs der Nahrungsstoff, welchen man einer ge=pfropften oder überhaupt übertragenen Knospe zukomm=en läſst, die specifische Natur derselben wenig oder meistens ganz und gar nicht verändert; wollten wir nun aber nach der neuen Ansicht bei der Bastarderzeugung annehmen, daſs der Befruchtungsakt mit einer Pfropfung zu vergleichen sei, indem der Keim zum Embryo nur in die Eyhüllen der Blüthe einer andern Pflanze hinüber=geführt und daselbst nur ernährt zu werden braucht, so sind die wichtigen Resultate, welche Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> C.F.Gärtner</w></name> über das Verhalten der Bastardpflanzen erlangt hat, hie=mit nicht in Einklang zu bringen. Vor Allen wider=spricht der neuen Theorie die Beobachtung, daſs die Ba=starde ganz gewöhnlich Neigung zeigen, allmälich wieder zur mütterlichen Pflanze überzugehen (d. h. was wir nach der alten Ansicht die mütterliche Pflanze nennen!), eine Erscheinung, welche auch den aufmerksamen Gärtnern und Blumenliebhabern schon lange bekannt ist. Schon Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> DeCandolle</w></name> <ref target="#f4" type="noteAnchor"> *) </ref> hat dieses Factum aufgestellt, um den Ansichten derjenigen zu begegnen, welche da glauben, daſs der Embryo aus den Saamenkeimchen <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Gleichen's</w></name> (d. s. die Saamenthierchen unserer Zeit!) hervorgehe, eine Ansicht, welche bekanntlich um die Mitte des vergangenen Jahrhunderts ziemlich herrschend war, und von welchen sich die neue Ansicht des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Schleiden</w></name> eigentlich nur dadurch unterscheidet, daſs <pb n="27"/> <!-- "28" --> Letzterer jene Saamenkeimchen <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Gleichen's</w></name> durch die Pollenschläuche in die Eyhüllen hinüberführen läſst. Erwidert man hierauf, dafs auch die Bastarderzeugung nach der neuen Ansicht ebenso wohl erklärt werden kann als nach der ältern Zeugungstheorie, indem nämlich der Embryosack und dessen Inhalt die männliche be=fruchtende Thätigkeit ausüben soll, so muſs man diese letztere Annahme nicht nur als eine ganz willkührliche zurückweisen, sondern auch als eine solche bezeichnen, die jeden Grad von Wahrscheinlichkeit entbehrt. Hat man wohl die geringste Analogie zu der Annahme für sich, daſs der junge Embryo in das Innere des männ=lichen, befruchtenden Organes hineinwächst und sich da=selbst ausbildet? Und wie will denn Herr <name type="scholar"> <w rend="letter-spacing:1em;">Schleiden</w></name> hiernach die von ihm angegebenen Fälle erklären, wo sich der Embryo bei einer <name type="plant" xml:lang="foreign"> Orchidee</name> auch auſserhalb der Nucleus-Höhle gebildet haben soll? Denn das was als solcher abgebildet ist, ist nicht etwa ein Pollenschlauch mit angeschwollenem Ende, sondern es ist schon der junge Embryo mit seinem ausgewachsenen Träger- u. s. w. </p> <note xml:id="f4"> *) Phys. végét. II. pag. 546. </note> <p> Das Meiste von demjenigen, was ich hier gegen die Ansicht des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Schleiden</w></name> angeführt habe, das gilt auch gegen die neue Theorie, welche Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Endlicher</w></name> <ref target="#f5" type="noteAnchor"> *) </ref> über die Pflanzenzeugung in dem vergangenen Jahre auf=gestellt hat; auch er fühlte das Ungenügende in der <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Schleiden'schen</w></name> Erklärung in Bezug auf das männliche und befruchtende Prinzip, und suchte daher jene Theorie durch eine andere Annahme zu vervollständigen. </p> <note xml:id="f5"> *) Grundzüge einer neuen Theorie d. Pflanzenzeugung. Wien<w rend="missing space between word and number">l838</w> <unclear atLeast="0" atMost="1"> </unclear> </note> <!-- missing space --> <p> Auch Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Endlicher</w></name> vergleicht die Anthere der höheren Pflanzen' mit dem Ovario der Thiere und sieht das männliche befruchtende Organ in den Drüsen der <pb n="28"/> Narbe, welche nicht bloſs als leitendes Organ zu be=trachten seien, sondern deren eigenthümliches Secretum das Pollenkorn zu jener Thätigkeit erregt, welche es befähigt in das Gewebe des Pistilles einzudringen und in die Keimhülle zu gelangen. Es liegt aber wohl sehr nahe, daſs die Ansicht, als sei die stigmatische Feuchtig=keit die befruchtende männliche Substanz, eine ganz rein willkührliche ist, und da Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Endlicher</w></name> selbst zuge=steht, daſs die Antheren bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Cryptogamen</name> die wirk=lichen männlichen Organe sind, so glaube ich, daſs es schon aus der Aehnlichkeit, welche der Bau der weib=lichen Organe bei den <name type="herb">Moosen</name>, den <name type="herb">Lebermoosen</name> und den <name type="herb" xml:lang="foreign"> Charen</name> mit dem Pistille bei den <name type="plant" xml:lang="foreign"> Phanerogamen</name> zeigt, hervorgehen möchte, daſs man hier der Narbenfeuchtigkeit zu hohe Bedeutung gegeben hat. Das Pistill der <name type="herb">Moose</name> hat in Hinsicht der Form die auffallendste Aehnlichkeit mit den normalen Pistillen der <name type="plant" xml:lang="foreign">Phanerogamen</name>, es ist an demselben Ovarium, Stylus und Stigma zu unterscheiden. Bei den <name type="herb" xml:lang="foreign"> Charen</name> zeigt das weibliche Organ nur das Ova=rium, worin eine einzelne Spore sitzt, und unmittelbar darauf sitzt das Stigma, dessen Lappen sich zur Zeit der Befruchtung etwas auseinander beugen und einen Kanal zwischen sich lassen, durch den die befruchtende Sub=stanz unmittelbar an die Spitze der Spore gelangt. Bei den <name type="herb">Laubmoosen</name> liegen die Antheren meistens dicht neben der Mündung der Pistille, und wenn sie sich öff=nen, so muſs ein Theil der Saamenfeuchtigkeit unbedingt in die Höhle des Pistilles hineingelangen, und fast ganz ebenso verhält es sich bei einer Menge von <name type="plant">Lebermoosen</name>. Die Befruchtung kann hier aber nur durch die dynami=sche Einwirkung der Saamenfeuchtigkeit auf dasjenige Organ stattfinden, welches, meistens als ein kleines Kü=gelchen gestaltet, auf der Basis des Ovarium's sitzt und <pb n="29"/> sich später zum Saamenbehälter ausbildet. Die Sporen werden in diesen Organen erst Monate lang nach er=folgter Befruchtung ausgebildet, und eine unmittelbare Berührung der Fovilla mit diesen Sporen findet hier nie=mals statt, was aber nach Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Endlicher's</w></name> Ansicht stattfinden müſste, damit die Sporen zur weitern Ausbil=dung befähigt würden. </p> <p> Eigentlich hat aber Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Endlicher</w></name> nichts weiter gegen unsere bisherige Zeugungstheorie bei den Pflanzen aufzuführen, als daſs die Thätigkeit, welche die Antheren bei der Befruchtung ausüben, durchaus keine Analogie mit irgend einer Verrichtung der männlichen Geschlechts=theile in den verschiedenen Klassen des Thierreiches dar=bietet, indessen ich glaube, daſs dieser Einwand denn doch nicht von so groſsem Gewichte sein möchte. Wir sehen nämlich bei den verschiedenen Thierklassen, daſs sich die Geschlechtsorgane gar sehr verschieden verhalten, daſs sich die männlichen aber immer so gestalten, daſs sie, um ihren Zweck, nämlich die Ausführung der Be=fruchtung zu erreichen, den weiblichen entsprechen. Das männliche Geschlechtsorgan ist bei den Thieren bald sehr lang, bald fehlt es gänzlich, und ebenso verhält es sich auch wohl mit den Pollenschläuchen, die wir als das Organ ansehen, welches die befruchtende Substanz an denjenigen Ort führt, wo künftig der Embryo gebildet wird. Es ist einmal nicht erwiesen, daſs die Befruchtung bei den höheren Pflanzen immer durch einen Pollen=schlauch erfolgt, ich selbst habe dergleichen Fälle ange=führt, wo ich niemals den Pollenschlauch in jung be=fruchteten Eychen wahrgenommen habe, und zwar in Fällen, die ich so häufig untersucht habe, daſs ich da=selbst die Befruchtung durch einen eindringenden Pollen=schlauch wirklich bezweifeln möchte. Aber die Entdeckun=gen <pb n="30"/> der Herren <name type="scholar"> <w rend="letter-spacing:1em;">v.Mirbel</w></name> und <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Spach</w></name> an den Eychen der <name type="plant"> Mays-</name>Frucht sind noch viel schlagender, denn jedenfalls kann hier die Befruchtung nicht durch einen eindringen=den Pollenschlauch ausgeführt werden, sondern ist viel=leicht durch eine dynamische Einwirkung zu erklären, welche die Fovilla auf den Urschlauch ausüben mag, der sich zum Embryo umgestaltet. </p> <p> Als diese kleine Schrift dem Drucke übergeben wer=den sollte, erschien eine Abhandlung des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Bern=hardi</w></name>: <ref target="#f6" type="noteAnchor"> *) </ref> <quote>„Ueber Bildung von Saamen ohne vorherge=gangene Befruchtung,"</quote>welche ebenfalls über den fra=glichen Gegenstand handelt, von dem hier die Rede ist. Herr Bernhardi meint, daſs die Ausgleichung der ver=schiedenen Ansichten über das Geschlecht der Pflanzen, welche gegenwärtig herrschend werden, hauptsächlich von drei Punkten abhänge: 1) von fortgesetzten unmittelba=ren Beobachtungen der nach der Bestäubung in den vegetabilischen Eyern erfolgenden Veränderungen; 2) von der Feststellung mancher Erscheinungen, welche die Bastardzeugung darbietet, und 3) von der Bestätigung oder Widerlegung der Beobachtungen, nach welchen manche Pflanzen unter günstigen Bedingungen auch ohne vorhergegangene Bestäubung keimfähige Saamen zu bil=den vermögen. Von diesem letzten Punkte handelt nun hauptsächlich die neue Abhandlung des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Bern=hardi</w></name> und es ist bekannt, daſs sich zu verschiedenen Zeiten, und immer wieder von Neuem Stimmen dafür erhoben haben. Zuerst führt Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Bernhardi</w></name> mehrere Fälle von Fortpflanzung bei den Thieren an, wo man sich überzeugt haben will, daſs eine vorhergegangene Begattung nicht stattgefunden hatte, und wenn nun so <pb n="31"/> etwas bei den Thieren vorkommen kann, denn die Un=richtigkeit jener Angaben ist noch nicht erwiesen, so wäre es auch wohl bei den Pflanzen denkbar. Es wer=den alsdann die berühmten Versuche von <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Spallanzani</w></name> genannt und alle die Beobachtungen der Andern aufge=führt, welche die Resultate jener Versuche bald bestritten, bald bestätigt haben. Vorzüglich sind es die Beobach=tungen von <name type="herb"> Hanfpflanzen</name>, welche neuerlichst (1828) wiederum durch Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Girou de Buzareingnes</w></name> und ebenfalls noch früher(1811—1816) durch Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Bern=hardi</w></name> selbst angestellt worden sind, und jene Resultate <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Spallanzani's</w></name> vollkommen bestätigen sollen. Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Bernhardi</w></name> hat diese Beobachtungen 6 Jahre lang hinter einander angestellt und hat unter steter Berücksichtigung aller Vorsichtsmaaſsregeln alljährlich reife Saamen er=halten, ohne daſs eine Befruchtung derselben durch männ=liche Blüthen hätte vorhergehen können. Es läſst sich offenbar gegen diese, wie gegen mehrere andere Beob=achtungen der Art noch immer nichts Entschiedenes ein=wenden, und ich selbst habe sie bisher noch immer zur Seite gestellt, indem mir dieselben durchaus unsicher er=scheinen; ja ich gestehe es, daſs ich sie sogar für durch=aus unrichtig zu halten mich berechtigt glaubte, obgleich ich sehr wohl wuſste, daſs es nicht leicht ist diese Mei=nung durch Beweise wirklich zu unterstützen, denn ge=gen positive Beobachtungen können negative Ergebnisse nur mit groſser Vorsicht angewendet werden. Nach dem Allen aber, was wir gegenwärtig über die Vorgänge beob=achtet haben, unter welchen die Befruchtung bei den Pflanzen erfolgt, nach dem Allen scheint es mir kaum glaublich, daſs eine Embryobildung ohne vorhergegangene geschlechtliche Einwirkung des Pollens bei höheren Pflan=zen stattfinden kann. Die Arbeit des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Bernhardi</w></name> <pb n="32"/> ist aber sicherlich sehr zeitgemäſs, denn sie wird wieder=um veranlassen, daſs dergleichen Beobachtungen über Saamenbildung ohne vorhergegangene Befruchtung wieder=holt werden und daſs dann die sich zeigenden jungen Saamen in Hinsicht ihrer Embryobildung untersucht wer=den. Es ist nur gar zu häufig, daſs bei monoecischen wie bei dioecischen Pflanzen Zwitterblumen auftreten und daſs hier der Pollen zuweilen in solchen Theilen der Blüthe vorkommt, wo man ihn wohl kaum vermuthet hätte, und so können denn auch mitunter wirkliche Be=fruchtungen erfolgt sein, wo man glaubte sich dagegen vollkommen gesichert zu haben. </p> <note xml:id="f6"> *) S. Allgemeine Gartenzeitung von 1839. vom 12. October </note> <p rend="big bold type"> ... </p> <p> So auffallend verschieden sich die plastischen Er=scheinungen bei dem Befruchtungsprozesse der verschie=denen Pflanzen zeigen, ebenso wesentliche Verschieden=heiten bietet die Polyembryonie derselben dar, welche bei einigen Pflanzen ziemlich regelmäſsig, bei andern dagegen mehr oder weniger zufällig auftritt. Zwar hat man das Auftreten mehrerer Embryonen schon seit sehr langer Zeit bei einer Menge der verschiedensten Pflanzen beobachtet, aber die wesentlichen Verschiedenheiten, unter welchen dieses stattfindet, hat man erst in neuester Zeit zu ermitteln gesucht. Am gewöhnlichsten erscheinen mehrere Embryonen zu gleicher Zeit im Innern eines und desselben Embryosackes, wie es gar nicht selten bei <name type="tree" xml:lang="foreign"> Citrus</name> vorkommt; oft ist die Anzahl der jungen Em=bryonen in solchen Fällen gar sehr groſs, so sah ich 6 und selbst 7 derselben bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Citrus decumana</name>, 2 bis 3 bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Cistus-</name>Arten und selbst 2, 4, 6 bis 8 bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Helianthemum grandiflorum</name>, aber es ist im Allgemeinen sehr selten, wenn von diesen jungen Embryonen mehr als ein ein=zelner <!-- zwischen "mehr&als" erscheint darunter: "3" --> <pb n="33"/> zur vollkommenen Ausbildung gelangt. Gewöhn=lich entwickelt sich nur der eine Embryo, und die dane=ben liegenden bleiben unentwickelt zurück, oder sie ge=langen wenigstens nicht zur vollkommenen Ausbildung. Bei <name type="flower" xml:lang="foreign"> Hemerocallis caerulea</name>, wo die Polyembryonie von Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> entdeckt worden ist, sah ich aber denn doch in fast reifen Saamen 6 und selbst 7 Em=bryonen von ziemlich gleichmäſsiger Ausbildung. An einem anderen Orte <ref target="#f7" type="noteAnchor"> *) </ref> habe ich einige Darstellungen von dem Auftreten der jungen Embryonen im Innern eines und desselben Embryosackes von <name type="herb" xml:lang="foreign">Helianthemum grandi=florum</name> gegeben, und solche Fälle sind es gerade, welche Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Schleiden</w></name> als die sichersten Beweise zu seiner neuen Ansicht über das Geschlecht der Pflanzen erschie=nen, indem er beobachtet hatte, daſs sich im Embryo=sacke gerade ebenso viele Embryo - Anfänge oder Keim=bläschen bildeten, als sich Pollenschläuche mit denselben vereinigten. </p> <note xml:id="f7"> *) S. Pflanzen-Physiologie. III. Tab. XIV. Fig.23 und 24. </note> <p> Ganz anders verhält es sich dagegen mit der Poly=embryonie der <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> und der <name type="herb" xml:lang="foreign"> Cycadeen</name>; hier ist die Mehrzahl der Embryonen nicht etwa dem Zufalle über=lassen, wie in den vorhergehenden Fällen, sondern ihre Anzahl steht in einem genauen Verhältnisse zu dem eigen=thümlichen Baue, welcher sich im Embryosacke ent=wickelt. Die Pluralität der Embryonen bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Cycas circi=nalis</name> ward durch Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> v.Mirbel</w></name> <ref target="#f8" type="noteAnchor"> **) </ref> entdeckt; Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> <ref target="#f9" type="noteAnchor"> ***) </ref> äuſserte später, daſs sie bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Cycadeen</name> sogar normal zu sein scheine, und endlich machte er die interessante Entdeckung bekannt <ref target="#f10" type="noteAnchor"> *) </ref> , daʃs <pb n="34"/> die Pluralität der Embryonen auch bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> regelmäſsig auftrete. Es fehlte mir selbst an Gelegenheit die jungen Eychen der <name type="herb" xml:lang="foreign">Cycadeen</name> zu untersuchen, aber Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">v.Mirbel</w></name> fand bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Cycas circinalis</name>, daſs neben dem ausgewachsenen Embryo noch 4 oder 5 abortirte Embryonen vorkommen, und ganz ähnlich fand es Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Robert Brown</w></name> bei den<name type="herb" xml:lang="foreign">ächten Coniferen</name>. Derselbe sah, daſs sich bei dem befruchteten Eychen zuerst ein besonderer festerer Körper im Innern des Nucleus bilde, den er für das Albumen erklärt; in diesem Körper ent=standen alsbald mehrere halbcylindrische corpuscula, 3 bis 6 an der Zahl, welche nahe der Spitze im Kreise gestellt sind, und sowohl durch Farbe als durch Con=sistenz von der Masse des Albumens verschieden erscheinen. Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> beobachtete ferner, daſs sich in jedem dieser sogenannten corpuscula ein besonderer Em=bryo-Träger befinde, und daſs demnach die Mehrzahl der Embryonen, welche sich bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> beobach=ten läſst, von dem regelmäſsigen Baue des Albumen's abhänge. Diese interessanten Beobachtungen des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> waren sicherlich die genügendsten Be=weise, daſs den Beobachtungen, welche Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Corda</w></name> bald darauf über die Befruchtung des Eychen's der <name type="tree">Rothtanne</name> <ref target="#f11" type="noteAnchor"> *) </ref> bekannt machte, irgend eine Täuschung zum Grunde lag. </p> <note xml:id="f8"> **) Ann. de Mus. T. XVI. pag. 455. </note> <note xml:id="f9"> ***) King, Voyages etc. App. b. Botany pag. 552. </note> <note xml:id="f10"> *) Fourth Report etc. 1834. pag. 596. </note> <note xml:id="f11"> *) Nova Acta Acad. C. L. C. Tom. XVII. pag. 599. </note> <p> Neuerlichst hat auch Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Horkel</w></name> seine Beobach=tungen über die Polyembryonie der <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> bekannt gemacht <ref target="#f12" type="noteAnchor"> **) </ref> , indem er durch Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Treviranus</w></name> Aeuſse=rung: er habe weder bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Pinus sylvestris</name> noch bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Abies excelsa</name> etwas von dem finden können, was Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> darüber bekannt gemacht hat, veranlaſst wurde. <pb n="35"/> <!-- p.36 --> Die Beobachtungen des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Horkel</w></name> sind mit jenen von <name type="scholar"> <w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> im Allgemeinen übereinstimmend, derselbe sah aber bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Pinus Cembra</name> neben dem ausge=wachsenen Embryo nur zwei verkümmerte Rudimente. Die Corpuscula im Albumen nennt Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Horkel</w></name> kleine Höhlen, welche er bei <name type="tree" xml:lang="foreign"> Abies excelsa</name> schon seit 1819 beobachtet hatte. Die Funiculi <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">(Brown)</w></name> oder die Em=bryoträger mit ihren rudimentären Embryonen sah er bei jenen Pflanzen in der, in der Mitte des Albumen's entstandenen groſsen Höhle parallel neben einander lie=gen, ihre Zahl war gewöhnlich drei, seltener vier, aber nie sah er mehr als eins von ihnen zum Embryo aus=wachsen. Bei Taxus ist die Anzahl der Embryo - Anlagen nicht mehr so regelmäſsig, es wurden 2, 3 und selbst 4 beobachtet, aber hier ist auch die Bildung der Spitze des sogenannten Albumen's nicht mehr so regelmäſsig wie bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Pinus</name> u. s. w., denn Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Horkel</w></name> sah hier zuwei=len nur ein corpusculum. </p> <note xml:id="f12"> **) S. Bericht über die Verhandlungen der Königl.Preuʃs. Akademie zu Berlin. Aus dem Jahre 1839. pag. 92 etc. <!-- zwischen "Königl. & Preu." steht "3*" --> </note> <p> Zu diesen vortrefflichen Beobachtungen der genannten Meister dieser Wissenschaft, möchte nur noch Weniges hinzuzusetzen sein, doch sei es erlaubt die folgenden Bemerkungen zu machen. Die Herren <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Robert Brown</w></name> und <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Horkel</w></name> nennen den festen Körper, der sich bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> im Innern des Nucleus um die Zeit der Befruchtung bildet das Albumen, derselbe besteht nach meiner Untersuchung bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Abies excelsa</name>, bei der Lerche u. s. w. aus einer opaken Substanz, welche ungefähr die Härte eines jungen gallertartigen Knorpels zeigt; ich habe nicht beobachten können, daſs sich diese Substanz als Eyweiſskörper im Innern des Embryosackes bildet, sondern es schien mir, als wenn dieselbe aus dem eigen=thümlich gallertartig veränderten Embryosacke selbst ent=stehe, eine Eigenthümlichkeit, welche uns bei der Gattung <pb n="36"/> <name type="herb" xml:lang="foreign">Veronica</name> u. A. m. schon bekannt ist. Kürzlich habe ich auch die Umwandlung der Membran einer einfachen Zelle in eine sulzige gallertartige Masse bei der bekann=ten <name type="herb" xml:lang="foreign">Conferva bipunctata</name> hinreichend vollständig verfolgen können, wo nämlich alle die Glieder, welche die Con=jugation eingegangen waren, ihre Höhlen vollständig ver=loren hatten, indem sich die einfache Membran in eine Gallerte umgewandelt, welche die Höhle der Glieder er=füllte. In dem oberen Ende dieses eigenthümlich knor=pelartigen Körpers der <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> entwickeln sich die kleinen Höhlen, welche Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Robert Brown</w></name> corpus=cula genannt hat; sie sind bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">ächten Coniferen</name> ge=wöhnlich 3 an der Zahl, doch fand ich bei <name type="tree" xml:lang="foreign">Pinus unci=nata</name> und <name type="tree" xml:lang="foreign">Abies excelsa</name> ebenfalls 6 derselben. Es ist schwer die Form und Lage dieser Höhlen zu beschrei=ben, sie füllen etwas mehr als das obere Drittel jenes knorpelartigen Embryosackes und werden durch ziemlich härtliche, der Länge nach herablaufende Scheidewände von einander getrennt, welche in der Achse des knor=pelartigen Körpers zusammenstoſsen. Diese Scheide=wände, wie auch die härtlichen Seitenwände jener Höh=len, setzen sich in der Achse des ganzen Körpers noch tiefer hinab fort, und lassen in ihrer Mitte einen Kanal zurück, der sich bis zum untersten Drittheile des knor=pelartigen Körpers erstreckt. In jenen kleinen Höhlen an der Spitze erscheinen aber nach erfolgter Einwirkung der Pollenschläuche die Keimbläschen, welche sich in lange Fäden ausdehnen, an deren unterem Ende sich der Embryo ausbildet. Im gewöhnlichen Falle erscheint in jeder dieser Höhlen ein einzelner Embryo mit seinem Träger, doch sah ich auch einmal drei Höhlen und vier Träger bei der Lerche. Der Träger der Embryonen erlangt hier bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> eine auʃserordentliche <pb n="37"/> Länge und Gröſse, wie es auſser bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Cycadeen</name> und dem <name type="herb" xml:lang="foreign">Tropaeolum</name> noch bei keiner andern Familie bekannt geworden ist; der junge Embryo an dem Ende des Trä=gers unterscheidet sich aber sehr leicht durch die abge=rundete <w rend="missing hyphen in line break after ab">abgerundet</w><lb/> Form und durch die stärkere grüne Färbung seiner Zellen. Bei den meisten <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> zeigt es sich im nördlichen Deutschland schon gegen Ende des Juni, welcher von den Embryonen zur vollständigen Entwicke=lung gelangt; dieser vergröſsert sich alsdann im Anfange des Juli sehr schnell, während die Träger der übrigen Embryonen eine bräunliche Farbe annehmen und zusam=menschrumpfen, aber sich häufig noch bis zur Mitte des August ziemlich gut erhalten. Schon in der ersteren Hälfte des Juli sind die Träger so lang geworden, daſs sie die untern Wände der kleinen Höhlen in der Spitze durchbrechen und endlich bis in die Tiefe des knorpel=artigen Embryosackes hineinsteigen, überhaupt wird man die Träger und die rudimentären Embryonen im Juli und im Anfange August ganz sicherlich finden, wenn man den untern Theil jenes knorpelartigen Embryosackes untersucht. Die Höhlen in der Spitze des Embryosackes verschwinden aber erst mit der Ausbildung des einen Embryo's, der endlich, im Anfange August, so groſs wird, daſs er bekanntlich den gröſsten Theil des Em=bryosackes erfüllt und dessen Inhalt resorbirt wird. Sehr auffallend ist die Angabe des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Robert Brown</w></name>, daſs sich die Embryoträger bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> zuweilen verästeln und daſs dann jeder dieser Aeste in ein Rudiment von Embryo endet. Es ist recht sehr zu bedauern, daſs wir zu diesen Beobachtungen keine Ab=bildungen erhalten haben, denn das Auftreten von Em=bryonen an den Aesten des Trägers würde wohl der beste Beweis sein, daſs die neuere Ansicht, welche man <pb n="38"/> über das Geschlecht der Pflanzen aufgestellt hat, nicht die richtige ist, mir selbst ist diese Verästelung der Träger mit einer Mehrzahl von Embryonen noch nicht vorgekommen. </p> <p> Endlich bietet <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum album</name> noch eine andere Art von Polyembryonie dar, sie ist hier in der Mehrzahl der Embryosäcke begründet, welche bei sehr vielen <name type="herb" xml:lang="foreign"> Vis=cum-</name>Pflanzen überaus häufig zu zwei und etwas seltener auch zu drei in einem und demselben Nucleus neben einander auftreten. So überaus häufig aber auch die Pluralität der Embryosäcke und der jungen Embryonen bei Viscum zu finden ist, so ist es denn doch immer nur ein sehr seltener Fall, wenn man mehrere Embryo=nen in ausgebildeten Saamen findet; bekanntlich glückte es <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Gaertner</w></name> niemals dergleichen im reifen Saamen zu beobachten und ich habe gleichfalls eine.sehr groſse Anzahl von Saamen deſshalb zerschnitten, aber immer nur einen einzelnen Embryo gefunden, während daneben zuweilen noch eine Spur des abortirten Embryosackes zu sehen war, und zwar habe ich Hunderte von ausge=bildeten Früchten solcher Pflanzen untersucht, welche mir in den ersteren Sommermonaten so häufig mehrere Embryonen zeigten, daſs ich dieselben fast in jedem sechsten oder siebenten Saamen fand. Wenn man aber die weiblichen <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-</name>Blüthen in Bezug auf ihre Poly=embryonie von der Zeit der Befruchtung bis zur Mitte des Juli und August wöchentlich untersucht, so wird man alsbald finden, daſs in denjenigen Fällen, wo zwei Embryosäcke in einem und demselben Nucleus vorkom=men, meistens beide befruchtet werden, und sich die jungen Embryonen in denselben auch zu entwickeln be=ginnen. In Fig. 9. Tab. I. sind zwei solcher befruchteten Embryosäcke vom 19. Juni dargestellt; oft findet man <pb n="39"/> aber auch, daſs nur in einem der beiden Embryosäcke der Embryo zur Entwickelung gelangt, während der an=dere Embryosack entweder ganz unbefruchtet zurück=bleibt, oder selbst erst einige Zeit nach der Befruchtung in seiner Entwickelung stehen bleibt, bräunlich gefärbt wird und abortirt. Bleibt der eine der Embryosäcke un=befruchtet zurück, so behält er stets seine ursprüngliche Form, als ein einfacher geschlossener Sack, und es kommt in demselben niemals zu der Bildung der groſsen Zellen, wie sie die Darstellungen in Fig.6 und 7. zeigen. Da=gegen findet man in Fig.2. Tab. II. eine solche Darstel=lung, wo der unbefruchtet zurückgebliebene Embryosack neben einem ziemlich stark entwickelten liegt, wie man ihn in der Mitte des Juli beobachten kann. In den we=nigen Fällen, wo ich drei Embryosäcke in einem und demselben Nucleus fand, da sah ich einmal in der Mitte des Juni nur einen Embryo zur Entwickelung gelangen, während die beiden anderen Embryosäcke unbefruchtet daneben lagen, und in dem zweiten Falle war nur ein Embryosack unbefruchtet zurückgeblieben und der zweite, obgleich befruchtet, verkümmerte neben dem einen sich entwickelnden Embryo. Bei einer sehr groſsen Anzahl von <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-</name>Saamen, welche ich in der letzteren Hälfte des Juli und im Anfange des August untersuchte, fand ich immer nur einen zur Entwickelung gelangten Em=bryo, und ich habe nichts sehen können, was darauf hindeuten könnte, daſs der Embryo bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum album</name> durch ein Verwachsen von zwei und auch von drei Eyern gebildet werden könnte, wie es Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Decaisne</w></name> nach den Mittheilungen in <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Treviranus</w></name> Physiologie der Gewächse <ref target="#f13" type="noteAnchor"> *) </ref> angegeben hat. Unter dem Worte Eyer <pb n="40"/> können hier übrigens nur die Embryosäcke mit den Em=bryonen verstanden sein, denn ein Verwachsen der Ey=chen in der Art, ist bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum album</name> ganz unmöglich. Wenn sich bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum album</name> mehrere Embryonen in einem Eychen gleichzeitig entwickeln, so fand ich, daſs, wenigstens bis zum Anfange des Juli, jeder Embryo in seinen besondern Eyweiſskörper gebettet ist, und daher auch auf dem Querschnitte die Pluralität der Embryonen hieselbst sehr leicht zu entdecken ist, und dennoch habe ich in den reiferen Saamen vergeblich nach mehreren Embryonen gesucht. </p> <note xml:id="f13"> *) II. pag. 523. Später ausführlich mitgetheilt in den Compt. rend. 1839. Nro. 6. pag. 201. </note> <p> Nach demjenigen zu urtheilen, was wir über die Polyembryonie in den übrigen Fällen, besonders aber bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">Cycadeen</name> und <name type="herb" xml:lang="foreign">Coniferen</name> gehört haben, wo eine Pluralität der Embryonen im reifen Saamen so überaus selten ist, während ihre Anzahl in der Anlage stets sehr bedeutend ist, dürfen wir uns auch nicht mehr wundern, daſs bei reifen <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-</name> Saamen die Embryonen gewöhn=lich ebenfalls einfach sind. Die Verdoppelung und selbst Verdreifachung des Wurzelendes, welche die <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum=</name>Saamen beim Keimen zeigen, scheint mir aber ebenso wenig für die Pluralität der Embryonen zu sprechen, als die Mehrzahl der <name type="herb" xml:lang="foreign">Cotyledonen</name> bei den <name type="herb" xml:lang="foreign">ächten Coni=feren-</name>Saamen. </p> <p> Die obige Erklärung des Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Treviranus</w></name> von der Verdoppelung und Verdreifachung des Wurzelendes des Embryo von <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum album</name> veranlaſste mich zu einer genaueren Untersuchung über die Befruchtung und Em=bryobildung bei dieser so höchst interessanten Pflanze. Die weibliche Blüthe von <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum</name> hat wohl, in Beziehung auf das <name type="tree" xml:lang="foreign">Eychen</name>, den einfachsten Bau den man sich bei einer phanerogamen Pflanze denken kann. Es giebt bei <name type="herb" xml:lang="foreign"> Viscum</name> kein besonderes Pistill und also auch kein eigent=liches <pb n="41"/> Ovarium, sondern das <name type="tree" xml:lang="foreign">Eychen</name> ist ein bloſser nack=ter Nucleus, dessen Spitze frei hervortritt und zugleich als Stigma dient, indem dasselbe den Pollen unmittelbar empfängt. Dieser nackte Nucleus (f. Fig.1, 2 und 3. Tab. I.) ist rund herum mit einem kelchartigen Organe umschlossen, auf welchem 4 andere blattartige Organe sitzen, die man bald für Kelchblätter, bald für Blumen=blätter erklärt hat; ich wähle im Folgenden die letztere Benennung. Die Darstellung von Fig.3. Tab.I. bei einer etwa 40maligen Vergröſserung mittelst des einfachen Mikroskops angefertigt, wird von dem Baue der weib=lichen Blüthe unserer Pflanze die hinreichende Ansicht geben. f ist der nackte Nucleus, dessen Basis mit f* bezeichnet ist, und dessen sich ausbreitende Spitze g, mit kleinen Papillen bekleidet, die Stelle der Narbe des hieselbst fehlenden Pistilles vertritt. An dem kelchartigen Organe, welches der Nucleus umschlieſst, unterscheidet man sowohl durch die äuſsere Umgrenzung, als durch die innere Struktur zwei besondere Lagen: eine äuſsere und eine innere; sie werden am leichtesten durch den Lauf der Spiralröhrenbündel von einander unterschieden, welche, als unmittelbare Fortsätze der Holzbündel des Stengels durch den kurzen Blumenstiel hindurchlaufen und zu den Blumenblättern gehen. In Fig.3. Tab.I. ist der Bau der weiblichen Blüthe auf einem Längenschnitte vollständig deutlich dargestellt; die Bezeichnung mit Buchstaben ist hier mit der in Fig.1. gleichlautend. f ist der nackte Nucleus, dessen Spitze mit g und dessen Basis mit f* bezeichnet ist; zunächst diesem Nucleus liegt die innere Schicht des kelchartigen Organes c, c, welche durch die Spiralröhrenbündel e, e, von der äuſseren Schicht b, b, getrennt ist. Die Spiralröhren=bündel e, e, laufen unmittelbar zu den Blumenblättern <pb n="42"/> d, d, dergleichen Bündel sind überhaupt 4 bis 5 in dem Kelche, einige zeigen Verästelungen und durch deren Verzweigungen entstehen auch verschiedene Anastomosen, welche man an den reifen Früchten am leichtesten sehen kann. </p> <p> Bei dem späten Frühlinge dieses Jahres zeigte sich erst um die Mitte des Aprils im Innern des Nucleus eine deutlich wahrnehmbare Höhle, welche sich mit einem klebrigen Schleime füllte und sich, immer dünner zulau=fend, bis zur Narbe oder der Spitze des Nucleus hin er=streckte; in Fig.2 und 3. ist diese Höhle mit i bezeichnet und man sieht darin die Embryosäcke, wie sie in dem letzten Drittel des Aprils beschaffen waren. Bei mehre=ren Blüthen fand ich die erste Spur der Embryosäcke schon in den ersten Tagen desselben Monats, und zwar entstanden sie mitten in der Basis des Nucleus und ver=längerten sich alsdann von Unten nach Oben, sie wuch=sen also wie bei den <name type="herb">Leguminosen</name>, <name type="herb">Santalineen</name> u. s. w. der später eindringenden befruchteten Substanz entgegen. Ueberaus häufig fanden sich 2 Embryosäcke in einer und derselben Nucleus - Höhle wie z. B. in Fig.3; einige Mistelstöcke zeigten wohl in jeder 6. bis 7. Blüthe immer 2 Embryosäcke, dagegen waren 3 Embryosäcke in allen <!-- miss space 3&word --> mir vorgekommenen Pflanzen nur ganz überaus selten, denn ich sah sie nur in 2 Fällen. Auf diese Mehrzahl der Embryosäcke ist denn auch hier bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum</name> die Polyembryonie begründet, wodurch sich dieselbe von allen anderen, bisher bekannten Fällen so auffallend unter=scheidet. </p> <p> Bei dem ersten Auftreten erscheint der Embryosack als ein. ziemlich cylindrischer Schlauch, der sich alsbald an dem Mykropyle-Ende mehr erweitert, aber am ent=gegengesetzten Ende, selbst mehrere Monate hindurch, seine erstere Gröſse behält (Fig.4. Tab.I. bei a.). Die <pb n="43"/> Membran des Embryosackes von <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum</name> ist sehr auf=fallend dick und fest, wie es mir fast bei keiner an=dern Pflanze vorgekommen ist, ja in einem etwas vor=gerückten Zustande möchte man glauben, daſs sich auf der innern Fläche noch eine zweite Membranschicht nie=dergeschlagen hat. Die Darstellungen auf beiliegender Tab.I. geben in Fig.4 und 5. die Ansichten der einfachen Embryosäcke aus den erstern Wochen des Monat Mai; es sind wasserhelle Schläuche meistens ohne allen festen Inhalt, und ihr Auftreten geschieht 10—14 Tage und dar=über vor der Ausstreuung des Pollens durch die männ=lichen Blüthen, demnach es sich von selbst versteht, daſs die Zahl der Embryosäcke und die dadurch bedingte Zahl der Embryonen nicht etwa von der Zahl der Pol=leuschläuche abhängig ist, welche in den Nucleus hinein=steigen sollen. Der Befruchtungs-Prozeſs und, was be=sonders auffallend ist, die weitere Ausbildung des Em=bryo's geht bei Viscum überaus langsam vor sich; es dauert 3 und selbst 4 Wochen und darüber, bis die er=sten Spuren der Befruchtung in dem Embryosacke sicht=bar werden. Das Eindringen der Pollenschläuche durch die Spitze des Nucleus und die Verbindung derselben mit dem Mikropyle-Ende des Embryosackes, was bei Hunderten von anderen Pflanzen so überaus leicht zu sehen ist, habe ich bei <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum</name> nicht beobachten kön=nen; wahrscheinlich wird hier die Membran des Pollen=schlauches so weich, daſs sie durch die Gewalt des Schnittes zerstört wird. Der Embryosack vergröſsert sich allmälich von seinem ersten Auftreten bis zur voll=ständigen Ausbildung des Embryo's, und die Befruchtung desselben zeigt sich in Folgendem: Es erscheint zuerst das Keimbläschen in dem Mikropyle-Ende des Sackes, und fast rund um dieses Bläschen herum bildet sich eine <pb n="44"/> opake und etwas gekörnte Schleimmasse, welche den Anfang des flüssigen Eyweiſskörpers bildet. Mit dem Erscheinen des Keimbläschens erfolgt aber auch eine auffallende Veränderung des Embryosackes, indem sich derselbe durch die Bildung von mehr oder weniger vie=len Querwänden in eine Anzahl von groſsen Zellen theilt, wie sie in den beigegebenen Abbildungen zu sehen sind. Die Entstehung dieser Querwände beginnt an dem obe=ren Ende des Embryosackes, wo der junge Embryo sei=nen Sitz hat, und allmählich bilden sich von Oben nach Unten immer mehr und mehr solcher Querwände, wie es die Abbildungen in den Fig.6—9. zeigen. Bis zur Mitte des Juni ist der Embryosack gewöhnlich in 8, 9 oder 10 groſse Zellen getheilt, und alsdann beginnt ge=wöhnlich erst die Theilung dieser groſsen Zellen durch Längsscheidewände, wie sie in Fig.2. Tab.II bei hh, ii u. s. w. zu sehen sind; mitunter bilden sich auch ein=zelne Querwände in schiefer Richtung, wie bei d Fig. 8. Tab.I. Bei einigen frühen und kräftigen <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-</name>Pflanzen fand ich schon am 16. Juni den Embryosack durch jene Querwände in 15—16 groſse Zellen zertheilt und diese zerfielen wieder durch Längsscheidewände in kleinere Zellen. In den Darstellungen der Embryosäcke vom 16. und 19. Juni in Fig.8 und 9. Tab.I. sieht man fast in jeder groſsen Zelle einen Zellenkern, und in manchen Zellen sind derselben sogar mehrere, aber es ist hier nichts leichter zu beobachten, als daſs die Bildung dieser Zellenkerne erst nach der Bildung der groſsen Zellen geschieht, und also die Zellen nicht durch diesen Zellen=kern gebildet worden sein können. Nachdem sich auf diese Weise der Embryosack in kleinere Zellen zertheilt hat, geht in diesen die Bildung des Eyweiſskörpers vor sich, und zwar geschieht dieses auf die schon bekannte <pb n="45"/> Weise, indem sich in der wasserhellen Flüssigkeit immer mehr und mehr feste Substanz bildet, die sich zu mehr oder weniger groſsen Kugeln zusammenballt, um welche Zellenmembranen erhärten; und so entsteht im Innern jener groſsen Zellen des Embryosackes ein feinzelliges Gewebe, welches ganz dicht mit fester Substanz gefüllt ist, so daſs dadurch der ganze Embryosack vollkommen undurchsichtig wird. Auffallend ist es, daſs der junge Embryo hier so lange Zeit unentwickelt zurückbleibt; schon Ende Mai sah ich denselben in Form eines ein=fachen kugelrunden Bläschens und in diesem Zustande bleibt er fast einen ganzen Monat hindurch, wie es noch Fig.2. Tab.II. zeigt. Hier war der junge Embryo schon so stark mit Eyweiſs umschlossen, daſs es schwer war denselben darin zu erkennen. Mit dem Anfange des Juli dehnt sich der Embryosack überaus stark; die An=schwellung beginnt ebenfalls vom Embryo aus und steigt immer tiefer hinab, so daſs er oft schon in der ersten Woche des Juli eine ziemlich vollständig ellipsoidische Figur zeigt und nur am unteren, dem Chalaza-Ende gleichsam noch mit einem kleinen Stiele versehen ist, womit er für die ganze Dauer befestigt bleibt. Erst nachdem der Embryosack mit dem Eyweiſskörper fast die vollkommene Ausbildung erlangt hat, beginnt die weitere Ausbildung des Embryo selbst. Die geringe Gröſse, welche der Embryo in der Mitte des Juli er=langt hat, zeigt die Darstellung in Fig.4. Tab.II. nach einer 20maligen Vergröſserung eines Längendurchschnitts der Frucht; h bezeichnet daselbst den Embryosack mit seinem kurzen Stielchen i, und k den kleinen Embryo <del> <unclear atLeast="0" atMost="1"> , </unclear> </del> der sich so eben auszudehnen beginnt, aber noch keine Spur von Cotyledonen zeigt. Von nun an geht die Ver=gröſserung des Embryo schneller vor sich und indem er <pb n="46" /> sich verlängert, durchbricht er alle die Querwände der groſsen Zellen des Embryosackes und liegt dann gerade in der Längenachse des Eyweiſskörpers. Fig.6. Tab.II. giebt eine Darstellung des Embryo's aus der Mitte des August, ebenfalls nach einer 20maligen Vergröſserung. Die Figuren 4 und 5. dienen noch zur Erläuterung der Struktur der Frucht; auf dem Querschnitte in Fig.5. zeigt aa die äuſsere Lage des Kelches, dieses ist die dicke äuſsere Hülle der Beere, welche im reifen Zu=stande die weiſse pergamentartige Beschaffenheit annimmt, zuletzt noch dünner wird und die Spiralröhren - Bündel führt, welche zu den Blumen - Blättern besondere Bündel abgeben. bb zeigt die innere Lage des Kelches, deren Zellen sich bei der Ausbildung der Beere in horizontaler Richtung verlängerten, so daſs sich gerade dadurch die Frucht in horizontaler Richtung oder in die Breite aus=dehnt und zuletzt ganz kugelförmig wird. Mit dieser auſserordentlichen Verlängerung der Zellen geschieht zu=gleich eine Verwandelung der vorhin schon erhärteten Zellenmembranen in eine gallertartige Substanz, welche wohl nichts weiter ist als das Viscin, was in den Bee=ren dieser Pflanze in so groſser Menge enthalten ist. Auch der Inhalt dieser Zellen, der zuerst in kleinen Kügelchen und einem gröſseren Ballen einer gummiartigen Substanz bestand, wird aufgelöst und in Viscin ver=wandelt. Mitten in dieser Viscin-haltigen Schicht liegt der linsenförmig zusammengedrückte Nucleus cc; der=selbe war in der jungen Blüthe ebenfalls ganz rund, fest und ohne irgend eine Hülle, später bildete sich in ihm die Höhle für die Bildung des Embryosackes und hiemit dehnte er sich seitlich aus, während das innere, noch übrig bleibende Zellengewebe sehr groſsmaschig wurde, so daſs diese Zellen schon bei einer 20maligcn <pb n="47"/> Vergröſserung ganz gut zu erkennen sind. Endlich dehnt sich der Eyweiſskörper mit dem Embryo so stark aus, daſs die ganze innere Zellenmasse des Nucleus verdrängt wird und nur einige Zellenschichten noch zurückbleiben, von denen die äuſsere sehr groſse und schöne ent=wickelte Spiralfaser-Zellen zeigt. In Fig.5. zeigt c den Embryosack mit dem Eyweiſs mitten in der Höhle des Nucleus liegend, und rund herum mit einer Schleimmasse und groſsmaschigem weichem Zellengewebe umgeben. Der Embryo zeigt bis zu seiner, ziemlich vollständigen Ausbildung einen kleinen Träger, der aber meistens nur in einer einzigen Zelle besteht. </p> <p> Das Auffallendste bei der Bildung des Eyweiſskörpers von Viscum liegt in der vorhergehenden Zertheilung des Embryosackes in groſse Zellen, eine Erscheinung, welche indessen nicht mehr so isolirt dasteht. Schon Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Brougniart</w></name> gab in seiner berühmten Schrift über die Zeugung des Pflanzen - Embryo's eine Darstellung des Embryosackes von <name type="plant" xml:lang="foreign">Ceratophyllum submersum</name>, nach wel=cher derselbe aus drei an einander gereiheten groſsen Zellen besteht, doch hatte er noch nicht beobachtet, daſs diese Zellen durch Abschnürung aus dem vorher ganz einfachen Embryosacke hervorgehen. Herr <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;"> Horkel</w></name> er=klärte damals den zelligen Embryosack nach Herrn <name type="scholar"><w rend="letter-spacing:1em;">Brongniart's</w></name> Abbildung für groſszelliges Albumen und Herr Schleiden wollte dieses dadurch erweisen, daſs er<w rend="missing comma after er">,</w> <unclear atLeast="0" atMost="1"> </unclear> <ref target="#f14" type="noteAnchor"> *) </ref> <!-- ? fehlt hier Komma? --> um denselben noch einen besonderen Embryosack darstellte, von dessen Nichtexistenz ich mich jedoch voll=kommen überzeugt zu haben glaube. Es ist hier gerade nicht der Ort über die Bildung des groſszelligen Embryo=sackes von <name type="plant" xml:lang="foreign">Ceratophyllum</name> näher einzugehen, die Bildung <pb n="48"/> des Eyweiſskörpers in demselben unterscheidet sich von demjenigen von <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum</name> aber nur dadurch, daſs sich bei letzterem sämmtliche groſse Zellen des Embryosackes von Oben nach unten herab allmälich mit dem Eyweiſs=körper füllen, während sich bei Ceratophyllum derselbe nur in den drei obersten groſsen Zellen bildet, und die übrigeren, noch gröſseren Zellen zusammenschrumpfen, so=bald der Embryo jene oberen Zellen mit dem Eyweiſs=körper durchbrochen hat. </p> <note xml:id="f14"> *) S.Linnaea XI. Tab. XI. Fig. 9 </note> <p> Das Auftreten mehrerer Embryosäcke und die Bil=dung der Embryonen in denselben, geschieht also in den jungen Früchten des<name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum's</name>, wie wir es schon früher kennen gelernt haben, gar nicht selten, aber es dauert nicht lange, so wird der eine dieser Embryonen mit dem ihn umschlieſsenden Embryosacke eine besondere Ausbildung zeigen, während der andere, oder auch die beiden noch neben einander auftretenden in der Ausbil=dung zurückbleiben und endlich gänzlich abortiren. Daher kommt es denn, daſs im reifen <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-</name> Saamen mehrere Embryonen ganz überaus selten sein müssen, wenn sie darin überhaupt wirklich jemals vorgefunden worden sind. In dem soeben vergangenen Sommer habe ich mehrere Embryosäcke mit den jungen Embryonen nur noch in der ersten Hälfte des Juli wahrnehmen kön=nen; um diese Zeit aber trat stets die vorwaltende Aus=bildung des einen auf, wenn es nicht schon im Juni der Fall gewesen war. Vom Anfange des August an wird die Untersuchung des <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-</name>Saamens, wegen des sich darin entwickelnden Viscin's sehr beschwerlich, aber nun kann man sich der feinen Querschnitte bedienen und diese selbst mit den stärksten Vergröſserungen be=trachten, um sich davon zu überzeugen, daſs nur der eine Embryo, gebettet mitten in seinen Eyweiſskörper, <!-- unter Eyweisskörper:"4" --> <pb n="49"/> zur Ausbildung gelangt, und daſs die Bildung desselben durch ein Verwachsen mehrerer durchaus gar nicht er=folgen kann. Bei dem keimenden <name type="herb" xml:lang="foreign">Viscum-Saaraen</name> ist das Hervortreten mehrerer Würzelchen gar nicht selten, daher müſste man auch, wenn diese Erscheinung durch ein Verwachsen mehrerer Embryonen zu erklären wäre, jene verwachsenen Embryonen im reifen Saamen wenig=stens gar nicht selten finden. Die feinen Querschnitte des reifen Saamens zeigen aber ganz deutlich, daſs der Embryo einfach ist, und stets zwei, gewöhnlich gestaltete Cotyledonen besitzt; auffallend ist es aber, daſs das Strünkchen fast von dem Radicularende an zwei hellere Stellen im Querschnitte zeigt, die durch etwas groſs=maschigeres Zellengewebe gebildet werden und sich in die beiden Cotyledonen hinein fortsetzen; vielleicht waren diese mit die Veranlassung zu der Annahme, daſs der Embryo hieselbst durch Verwachsung mehrerer entstehe. </p> <p> Schlieſslich habe ich hier noch dem <name type="gardner"><w rend="letter-spacing:1em;">Königl. Hofgärtner, Herrn L.Fintelmann</w></name>, meinen ergebensten Dank für die groſse Güte abzustatten, mit welcher er mich, den gan=zen Sommer hindurch, mit den zur Untersuchung nöthigen <name type="herb">Mistel-</name>Pflanzen versehen hat; es würde mir schwerlich geglückt sein, auf einem anderen Wege zu diesen groſsen Massen zu gelangen, welche mir stets zu Gebote standen. </p> <p> Gedruckt bei den <name type="publisher">Gebr. Unger.</name> </p> <pb n="50"/> <div type="drawing"> <p> <figure rend="Fig.7: 6.Juni; left side"> <!-- del. "right side" --> </figure> </p> <pb/> <p/> <pb/> <p> <figure rend="3 Fig.:16.Juni; left side"> <!-- Fig1&2: No.= unknown --> <!-- Fig3: No.= 15 --> </figure> </p> </div> <pb/> <pb/> <div type="postscript"> <head> Auf nachgenannte botanischen Werke unseres Verlags machen wir besonders aufmerksam: </head> <!-- sind weitere Autoren&WerksAngaben nötig? --> </div> <pb/> </div> </div> </body> </text> </TEI>